KII-3/63 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die gesetzliche Regelung privatrechtlicher Dienstverhältnisse zu den Ortsgemeinden ist - soweit nicht hinsichtlich bestimmter Gruppen von Gemeindebediensteten bundesverfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist - a) hinsichtlich der Bediensteten, die keine behördlichen Aufgaben zu besorgen haben, gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 6 bzw. Z 11 B-VG (" Zivilrechtswesen" bzw. "Arbeiterrecht") Sache des Bundes, b) hinsichtlich der Bediensteten, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 B-VG} Sache der Länder.
Aus der Zusammenschau der Regelungen in Art. 21 Abs. 1 und 3 B-VG ( einschließlich der Regelungen in Art. 10 Abs. 1 Z 16 und Art. 12 Abs. 1 Z. 9, auf die in Art. 21 Abs. 1 ausdrücklich Bezug genommen wird) ergibt sich, daß der Bundesverfassungsgesetzgeber bereits am 1. Oktober 1925, das ist im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzverteilungsvorschriften des B-VG, das Dienstrecht jener Angestellten (Beamten und Vertragsangestellten) der Gebietskörperschaften, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, kompetenzrechtlich als eine Angelegenheit besonderer Art angesehen hat und darüber auch eine besondere Regelung getroffen hat. Nur die Tatbestände des Art. 10 Abs. 1 Z 16 und des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 12, Art. 12 Abs. 1 Z 9 B-VG}, die ausdrücklich in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 21, Art. 21 Abs. 1 B-VG} genannt waren, nicht aber andere, eine Kompetenz des Bundes begründende Tatbestände tragen auch zum Inhalt des Begriffes der Angelegenheiten des Dienstrechts jener Angestellten der Gebietskörperschaften bei, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben.
Mit der Änderung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 21, Art. 21 Abs. 3 B-VG} wurde durch die B-VG-Novelle 1962 lediglich kundgetan, daß eine Absicht, Regelungen auf dem Gebiet des Dienstrechtes der Ortsgemeindeangestellten, die behördliche Aufgaben zu vollziehen haben (gleichgültig, ob ihr Dienstverhältnis ein öffentlichrechtliches oder ein privatrechtliches ist) , auf dem Verfassungswege zu treffen, nicht mehr besteht, während die Absicht, solche Regelungen hinsichtlich der Angestellten der Gebietsgemeinden zu treffen, aufrechterhalten wurde.
In bezug auf das Dienstrecht jener Angestellten der Gemeinden, die keine behördlichen Aufgaben zu besorgen haben, enthält das B-VG keine besondere Regelung. Soweit es sich dabei um Vertragsbedienstete handelt, ist zu beachten, daß schon vor dem Inkrafttreten der Kompetenzverteilungsbestimmungen des B-VG das Dienstverhältnis dieser Gemeindeangestellten nach den Normen des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen war (vgl. Erk. Slg. 2168/1931) . Daran wurde durch das Inkrafttreten der genannten Kompetenzverteilungsbestimmungen nichts geändert. Diese Angelegenheiten fielen daher bereits am 1. Oktober 1925 unter "Zivilrechtswesen" bzw. "Arbeiterrecht" . Die Rechtslage ist seither dieselbe geblieben.
Art. 138 Abs. 2 B-VG enthält keine Einschränkung auf Materien, die bisher gesetzlich nicht geregelt waren. Die Möglichkeit, ein Verfahren nach Art. 140 B-VG zu beantragen, schließt ein Verfahren nach Art. 138 Abs. 2 B-VG nicht aus. Die Entscheidungen nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 140, Art. 140 B-VG} und nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 138, Art. 138 Abs. 2 B-VG} haben einen verschiedenen Inhalt.
Ein Erk. des VfGH nach Art. 138 Abs. 2 B-VG berührt den Bestand eines Gesetzes nicht, es bestimmt lediglich die Kompetenzlage. Die Kompetenzen des VfGH nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 138, Art. 138 Abs. 2 B-VG} und {Bundes-Verfassungsgesetz Art 140, Art. 140 B-VG} stehen selbständig nebeneinander, ihr Umfang ist selbständig nur aus ihnen zu ermitteln.
Der Umstand, daß eine andere gesetzgebende Körperschaft einen Gesetzesbeschluß gefaßt (ein Gesetz erlassen) hat, vermag der Gesetzesvorlage einer Regierung vor der Beschlußfassung der eigenen gesetzgebenden Körperschaft nicht die Qualität eines Gesetzentwurfes i. S. des {Verfassungsgerichtshofgesetz § 54, § 54 VerfGG} ("Gesetzentwurf .... der den Gegenstand der Beschlußfassung in einer gesetzgebenden Körperschaft bilden soll") zu nehmen.