JudikaturVfGH

G4/63 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
22. Juni 1963

Die Paragraphenbezeichnung "27" in § 25 Abs. 1 des Gesetzes vom 27. Juni 1958, LGBl. für Tirol Nr. 29, über öffentliche Filmvorführungen (Tir. Lichtspielgesetz) wird als verfassungswidrig aufgehoben. § 27 Abs. 3 Tir. Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 27/1958, ist mittelbar Inhalt des § 25 Abs. 1 Tir. LichtspielG. § 25 Abs. 1 dieses Gesetzes ist so zu beurteilen, als ob der sinngemäß geänderte Wortlaut des § 27 Abs. 3 jenes Gesetzes darin tatsächlich aufscheinen würde.

Kosten für die Überwachung von Filmvorführungen, die "in Verwaltungsverfahren" in Durchführung des Tir. LichtspielG entstehen, können nach Maßgabe der §§ 75 ff. AVG 1950 und des § 1 Z 4 der Landeskommissionsgebührenverordnung 1954, LGBl. für Tir. Nr. 26/1954, in Form von Bauschbeträgen von den Beteiligten hereingebracht werden. Zu beachten ist dabei insbesondere § 76 AVG 1950; dort ist als Voraussetzung der Hereinbringung vorgeschrieben, daß die Partei um die Amtshandlung angesucht oder ein Beteiligter ihre Anordnung durch sein Verschulden herbeigeführt haben muß. Zu beachten ist dabei im besonderen auch weiters die Vorschrift des § 77 leg. cit., gemäß der die Bauschbeträge nur so weit vorgeschrieben werden dürfen, als es sich um Amtshandlungen außerhalb des Amtes handelt. Die Bauschbeträge sind in der Landeskommissionsgebührenverordnung 1954 "bei behördlich angeordneter oder bewilligter Überwachung von .... Vorführungen in Lichtspieltheatern .... für jede angefangene Stunde und für jedes überwachende Amtsorgan" mit S 10,-- festgesetzt. Als im Verwaltungsverfahren behördlich angeordnet oder bewilligt i. S. dieser Vorschrift der Landeskommissionsverordnung 1954 im Zusammenhalt mit den §§ 75 ff. AVG 1950 gilt die Überwachung jedenfalls dann, wenn sie bescheidmäßig angeordnet oder bewilligt ist. Soweit die Regelung des § 27 Abs. 3 Tir. VeranstaltungsG im Bereiche des § 25 Abs. 1 Tir. LichtspielG auf im Verwaltungsverfahren behördlich angeordnete oder bewilligte Überwachungstätigkeiten außerhalb des Amtes zutrifft, um die von der Partei angesucht oder deren Anordnung von einem Beteiligten durch sein Verschulden herbeigeführt wurde, ist sie zwar überflüssig, sie widerspricht aber nicht dem AVG 1950. Gegen die Regelung bestehen daher insoweit keine Bedenken im Hinblick auf {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 2 B-VG}. Die Regelung hat aber einen darüber hinausreichenden Inhalt, und zwar zumindest in folgender Beziehung: Soweit sie Kosten für Überwachungen im Verwaltungsverfahren betrifft, fallen darunter auch die Kosten für solche Überwachungen, um die die Partei nicht angesucht hat und deren Anordnung nicht durch das Verschulden eines Beteiligten herbeigeführt worden ist; weiters fallen darunter auch Kosten für Tätigkeiten im Zuge der Überwachung, die nicht als Amtshandlungen außerhalb des Amtes zu qualifizieren sind. Dieser Inhalt widerspricht der Vorschrift des § 75 AVG 1950. Der Landesgesetzgeber hat damit in die Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 11 Abs. 2 B-VG eingegriffen.

Die Regelung der §§ 75 ff. AVG 1950 hat jene Kosten der Behörden zum Gegenstand, die "für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren" erwachsen.

Durch eine der Vorschrift des § 75 AVG 1950 widersprechende Regelung greift der Landesgesetzgeber in die Bedarfsgesetzgebungskompetenz ( {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 2 B-VG}) des Bundes ein.

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