JudikaturVfGH

B113/62 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
12. Januar 1963

Nach {Bundesabgabenordnung § 236, § 236 Abs. 1 BAO}, der - wie die gesamte BAO - am 1. Jänner 1962 in Kraft getreten ist, können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Nach {Bundesabgabenordnung § 236, § 236 Abs. 2 BAO} findet Abs. 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

Stützt die Abgabenbehörde ihre Entscheidung, eine dem Bf. zustehende Entschädigung nach dem Kriegssachschädengesetz und Verfolgungssachschädengesetz einzubehalten und sie gegen andere Abgabenschuldigkeiten des Bf. aufzurechnen, auf die Auffassung, daß die Nichterstattung der durch Aufrechnung entrichteten Abgabenschuldigkeit nach Lage des vorliegenden Falles nicht unbillig wäre, so hat sie damit keine Ermessensentscheidung, sondern eine rechtlich gebundene Entscheidung gefällt, weil der Umstand, daß die Nichterstattung der entrichteten Abgabenschuldigkeit nach der Lage des Falles unbillig wäre (§ 236 Abs. 1 BAO sinngemäß auf die Fälle des Abs. 2 leg. cit. angewendet) , eine Voraussetzung für das der Verwaltungsbehörde in § 236 Abs. 1 und 2 BAO eingeräumte Ermessen ist.

Die den Abgabenbehörden zustehende Aufrechnungsmöglichkeit ist vom Grund der aufgerechneten Gegenforderung unabhängig.

Durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wird das Gleichheitsrecht nur dann verletzt, wenn der Bescheid entweder willkürlicherweise oder in Handhabung einer mit dem Gleichheitssatz in Widerspruch stehenden Vorschrift ergeht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH genießen den Schutz des Art. 5 StGG nur Privatrechte. Der Bf. hat einen Antrag auf Nachsicht von Abgaben aus Billigkeitsgründen gestellt, also eine Maßnahme des öffentlichen Rechtes beantragt. Dadurch, daß diese Maßnahme von der bel. Beh. abgelehnt wurde, kann niemals in ein dem Bf. zustehendes Privatrecht eingegriffen werden.

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