JudikaturVfGH

G5/62 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
11. Oktober 1962

Die im {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 98, § 98 Abs. 1 Z 2 ASVG} enthaltenen Worte:" mit der Beschränkung, daß diesem die Hälfte der Bezüge frei bleiben muß " werden als verfassungswidrig aufgehoben. {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 98, § 98 Abs. 2 ASVG} behandelt die Unterhaltsverpflichteten, die unter diese Bestimmung fallen, und damit auch die Unterhaltsberechtigten, die ihnen gegenüberstehen, anders als alle anderen Unterhaltsverpflichteten und Unterhaltsberechtigten, die unter das Lohnpfändungsgesetz, die Exekutionsordnung oder allenfalls andere Vorschriften, die die Pfändung regeln, fallen. Der Pfändungsschutz, den die Rechtsordnung den Unterhaltsverpflichteten gewährt, soll, wenn wegen der Unterhaltsansprüche gepfändet wird, ohne Rücksicht auf das Pfändungsobjekt gleiches Ausmaß haben. Es ist aber durchaus denkbar, daß eine unterschiedliche Behandlung der Unterhaltsverpflichteten in diesem Punkt aus gewissen Unterschieden in der Qualität der Pfändungsobjekte ableitbar und damit sachlich begründbar sein kann.

Der VfGH ist z. B. der Meinung, daß der Anspruch auf Stillgeld ( {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 163, § 163 ASVG}) und der Anspruch auf Entbindungsbeihilfe ({Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 164, § 164 ASVG}) sich im Hinblick auf den besonderen Zweck dieser Sozialversicherungsleistungen von anderen Pfändungsobjekten derart unterscheiden, daß daraus eine gewisse Differenzierung im Pfändungsschutz ableitbar ist. Der VfGH kann aber, zumindest soweit {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 98, § 98 Abs. 1 Z 2 ASVG} Ansprüche auf Geldleistungen aus der Pensionsversicherung betrifft, nicht finden, daß sich diese Ansprüche von sonstigen Einkommensarten einschließlich jener, die unter das Lohnpfändungsgesetz fallen, dermaßen unterscheiden, daß daraus die in der in Prüfung stehenden Gesetzesstelle liegende unterschiedliche Behandlung ableitbar wäre.

Ist eine Differenzierung sachlich nicht begründbar, so widerspricht die Regelung dem Gleichheitsprinzip, das dem Gesetzgeber verbietet, Differenzierungen zu schaffen, die unsachlich sind.

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