B381/59 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Entscheidet eine unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde, so wird der Betroffene im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Es ist nicht richtig, daß § 35 Abgabenrechtsmittelgesetz in der gegenwärtigen Fassung den Gedanken einer festen Geschäftsverteilung nach dem Muster der Gerichtsverfassung verwirklicht. Die Berufungskommission entscheidet zwar in Senaten und die Einteilung der Berufungssenate ist durch Anschlag an der Amtstafel zu veröffentlichen, doch kann den einzelnen Berufungssenaten eine größere Zahl von Mitgliedern (Stellvertretern) zugeteilt werden, als für die Besetzung des erkennenden Berufungssenates notwendig ist.
Die Berufungskommissionen und damit die Berufungssenate bestehen daher aus einem Kader von Mitgliedern (Stellvertretern) , aus dem für den Einzelfall die Senatsmitglieder ausgewählt werden. Kein Angehöriger dieses Kaders hat ein Recht auf Einberufung. Es ist somit der Grundsatz des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 87, Art. 87 Abs. 3 B-VG}, demzufolge die Geschäfte unter die Richter eines Gerichtes für eine bestimmte Zeit im voraus zu verteilen sind, vom AbgRG für die Angehörigen der Berufungskommission (Berufungssenate) nicht übernommen worden. Es ist unzulässig, die Lücke, daß das Gesetz über den Fall einer fortgesetzten Berufungsverhandlung nichts besagt, im Wege einer Gesetzesanalogie durch eine sinngemäße Übernahme von Vorschriften über die Gerichtsverfassung zu schließen. Richtigerweise wird man bei dem Schweigen des Gesetzgebers anzunehmen haben, daß für die Zusammensetzung eines Senates im Falle einer fortgesetzten Verhandlung nichts anderes gilt als für seine Zusammensetzung sonst.