JudikaturVfGH

A3/57 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
13. Dezember 1957

Der Begriff des ordentlichen Rechtsweges i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 137, Art. 137 B-VG} ist nicht auf jene Fälle zu beschränken, die von den ordentlichen Gerichten im Streitverfahren nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung zu entscheiden sind. Die Zuständigkeit des VfGH ist vielmehr auch in solchen Angelegenheiten ausgeschlossen, in welchen die Zuständigkeit des Außerstreitrichters oder die eines außerordentlichen Gerichtes (Arbeitsgericht, Patentgericht u. a. m. gegeben ist.

{Bundes-Verfassungsgesetz Art 137, Art. 137 B-VG} enthält für vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände eine suppletorische Zuständigkeitsanordnung, hat aber nicht den Sinn, neben bereits bestehenden Zuständigkeiten eine konkurrierende Zuständigkeit des VfGH einzuführen oder jene abzuändern.

Der Begriff des ordentlichen Rechtsweges i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 137, Art. 137 B-VG} muß mit jenem des privatrechtlichen Anspruches nicht zusammenfallen.

Nach Art. 13 Verstaatlichungs-Entschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 277/1925, sind die Bestimmungen des § 22 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, demzufolge bei Abgang eines Übereinkommens die infolge einer Enteignung zu leistende Entschädigung gerichtlich festzustellen ist, subsidiär für alle Enteignungsfälle anzuwenden. § 24 EisenbEntG 1954 verweist die Ermittlung der Entschädigung in das Verfahren außer Streitsachen. Somit ist diese Angelegenheit nach der vom {Bundes-Verfassungsgesetz Art 137, Art. 137 B-VG} verwendeten Terminologie im ordentlichen Rechtsweg auszutragen.

In der materiellrechtlichen Vorschrift des Ersten VEG über die Höhe der Entschädigung liegt nun für darüber hinausgehende Ansprüche auf eine angemessene Entschädigung keine Änderung der sonst für Ansprüche dieser Art bestehenden Zuständigkeit.

Auch ein aus dem Titel eines verfassungswidrigen Gesetzes erhobener Schadenersatzanspruch ist ein Privatrecht, über welches - unabhängig von der materiellen Rechtslage - der ordentliche Richter zu befinden hat.

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