B213/56 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
§ 53 Abs. 4 VStG regelt eine der Verwaltungsstrafbehörde eingeräumte besondere Zwangsbefugnis, die nicht unter {Verwaltungsvollstreckungsgesetz § 12, § 12 VVG} fällt. Dieses Zwangsmittel stellt sich als eine behördliche Verfügung mit Bescheidcharakter i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 144, Art. 144 B-VG} dar, die im Instanzenzug nicht anfechtbar ist, weil alle Voraussetzungen eines Rechtsmittelverfahrens fehlen. Gemäß § 53 Abs. 4 VStG darf der Vollzug der Ersatzarreststrafe ohne vorherigen Versuch der Eintreibung der Geldstrafe überhaupt nicht veranlaßt werden, da ein Anspruch, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen, noch gar nicht entstanden ist. Eine Verfügung der Behörde, welche die zwangsweise Vorführung zum Arrestantritt anordnet, greift in dem Zeitpunkt, als sie in Vollzug gesetzt wird, bereits in die Sphäre der persönlichen Freiheit des Betroffenen ein. (Die schriftliche Verfügung enthält nach dem Formular der Verwaltungsformularverordnung die Verständigung, daß nunmehr gleichzeitig die zwangsweise Vorführung veranlaßt wird.) Da ein Rechtsmittel dagegen nicht gegeben ist, wird die Verfügung in dem Augenblick, als mit ihrem Vollzug begonnen wird, faktisch nicht anders wirksam, als dies bei einer Verhaftung i. S. des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit der Fall ist. Mit dem tatsächlich unternommenen Vollzug einer gesetzwidrig erlassenen Verfügung der zwangsweisen Vorführung ({Verwaltungsstrafgesetz 1991 § 53, § 53 Abs. 4 VStG}) , also eines Vorganges, der einer Verhaftung gleichzuhalten ist, wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit verletzt.
Bei einer faktischen Amtshandlung wird eine Klaglosstellung in der Regel nicht möglich sein, weil ein behebbarer Bescheid i. S. des AVG nicht vorliegt und bereits getroffene Zwangsmaßnahmen mittels eines Bescheides nach {Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz § 68, § 68 Abs. 2 AVG} weder behoben noch sonst ungeschehen gemacht werden können.