G15/55 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung ist in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 94, Art. 94 B-VG} vorbehaltlos ausgesprochen und durch {Bundes-Verfassungsgesetz Art 83, Art. 83 Abs. 2 B-VG}, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, noch besonders unterstrichen.
Wenngleich sich der Grundsatz des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 94, Art. 94 B-VG} nur auf die Organisation der Behörden bezieht, so ist doch unter "der Verwaltungsbehörde" die organisch verbundene Gesamtheit der im Einzelfalle in Betracht kommenden Instanzen zu verstehen. Durch die instanzenmäßige Zusammenfassung von Gerichten und Verwaltungsbehörden in einem und demselben Rechtsmittelzug werden die beiden Behördentypen verfassungswidrigerweise zu einer organisatorischen Einheit verbunden.
Es widerspricht der Verfassung, wenn die gesetzliche Regelung so beschaffen ist, daß eine und dieselbe Sache von Vollziehungsorganen verschiedenen Typus, also z. B. sowohl von einem Gericht wie auch von einer Verwaltungsbehörde, behandelt werden kann und das Gesetz nicht selbst objektiv erfaßbare Voraussetzungen dafür aufstellt, wann die Zuständigkeit des einen und des anderen Vollziehungsorganes gegeben ist. Insbesondere muß daher eine Regelung als verfassungswidrig erscheinen, die die Entscheidung darüber, welches Vollziehungsorgan im Einzelfalle einzuschreiten hat, dem Ermessen dieser Vollziehungsorgane oder eines von ihnen überläßt, weil auf diese Art der gesetzliche Richter völlig unbestimmt bliebe.
Wird ein Gesetz wiederholt geändert und teilweise aufgehoben, so kommt darin der klare Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, das Gesetz im übrigen auch für die Zukunft in Geltung gesetzt zu wissen oder zu belassen.