B147/52 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die bloße Tatsache, daß der Fall einer bestimmten Person den Anstoß zur Erlassung eines Gesetzes gibt, kann das Gesetz noch nicht verfassungswidrig erscheinen lassen, ebensowenig wie der Umstand, daß das Gesetz zunächst und in erster Linie diesen Einzelfall treffen sollte. Eine Unvereinbarkeit mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz läge nur dann vor, wenn die Formulierung des Gesetzes ausschließlich auf den Einzelfall abgestellt wäre.
Beinhaltet es eine Regelung, die nicht bloß den einen Fall, sondern auch einen anderen, abstrakt umschriebenen Personenkreis treffen will und kann, so liegt eine Verfassungswidrigkeit nicht vor.
Wenn das Gesetz die Verfügungsgewalt solcher Personen über ihr Vermögen einschränkt, die im Verdacht stehen, etwas gegen den Bestand der Republik Österreich zu unternehmen oder unternommen zu haben, so kann nicht gesagt werden, daß dies eine unsachliche oder willkürliche Abgrenzung sei. Denn es ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht des Gesetzgebers, den Bestand des Staates und seiner Verfassung gegen hochverräterische Umtriebe zu sichern.
Art. 83 Abs. 2 B-VG kann nur durch einen Akt der Vollziehung, nicht aber durch ein Gesetz verletzt werden, weil es ja Sache des Gesetzgebers ist zu bestimmen, welche Stelle zur Vollziehung eines Gesetzes berufen ist. Als gesetzlicher Richter ist daher immer der anzusehen, den das Gesetz zur Vornahme einer bestimmten Amtshandlung beruft. In dem Recht, die zur Vollziehung eines Gesetzes berufenen Stellen zu bestimmen, könnte der Gesetzgeber nur durch Vorschriften verfassungsrechtlichen Charakters eingeengt werden. So bestimmt z. B. Art. 91 Abs. 2 B-VG, daß bei allen politischen Verbrechen und Vergehen Geschworene über die Schuld des Angeklagten entscheiden. Ein einfaches Gesetz, das, entgegen dieser Vorschrift, andere Stellen als Geschworenengerichte zu dieser Funktion berufen würde, wäre wohl verfassungswidrig. Solange aber das Gesetz vom VfGH nicht aufgehoben ist, wäre ungeachtet der Bestimmung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 91, Art. 91 Abs. 2 B-VG} die zu dieser Funktion berufene Stelle der gesetzliche Richter i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 83, Art. 83 Abs. 2 B-VG}.