KII-1/49 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die Personalvertretungen der mit behördlichen Aufgaben betrauten ( öffentlichen) Angestellten des Bundes, der Länder und der Gemeinden sind als "berufliche Vertretungen" i. S. des Art. 10 Abs. 1 Z 8 und des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG} i. d. F. von 1929 anzusehen.
Die Personalvertretungen gehören als organisatorische Einrichtungen dem Organisationsrecht (Berufsverfassung) an, ihr Aufgabenkreis soll neben anderen Obliegenheiten auch Fragen des Dienstschutzes und Arbeitsschutzes mitumfassen, sie selbst aber können nicht als Maßnahmen des "Arbeiterschutzes und Angestelltenschutzes" angesehen werden.
Bezüglich der Personalvertretungen der im Bereich der Hoheitsverwaltung und der Gerichtsbarkeit tätigen Angestellten des Bundes stehen dem Bund gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 8 im Zusammenhalt mit {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG} i. d. F. von 1929 die Gesetzgebung und die Vollziehung zu.
Bezüglich der Personalvertretungen der im Bereich der Hoheitsverwaltung tätigen Angestellten der Länder - einschließlich der unter § 2 lit. b des Lehrerdienstrechts-Kompetenzgesetzes fallenden Lehrer - und der Gemeinden steht gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG} i. d. F. von 1929 dem Bund die Gesetzgebung, den Ländern die Vollziehung zu.
Soweit den Personalvertretungen der unter der Diensthoheit der Länder stehenden Angestellten ein Aufgabenkreis in Angelegenheiten des Dienstrechtes eingeräumt wird, ist die Gesetzgebung des Bundes gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 21, Art. 21 Abs. 1 B-VG} i. d. F. von 1929 auf die Festlegung einheitlicher Grundsätze beschränkt. Hinsichtlich der Angestellten der Gemeinden ist zur Abgrenzung dieses Aufgabenkreises bis zur Erlassung des im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 120, Art. 120 B-VG} i. d. F. von 1929 vorgesehenen B-VG nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 Abs. 1 B-VG} i. d. F. von 1929 die Landesgesetzgebung zuständig.
Nach Ansicht des VfGH umfaßt der Kompetenztatbestand "Arbeiterschutz und Angestelltenschutz" , der von der Verfassung im engsten Zusammenhang mit dem Arbeiterrecht und Angestelltenrecht gebracht wird, nicht auch die im öffentlichen Dienst stehenden Angestellten der Gebietskörperschaften, da diese in der Bundes-Verfassung immer als eine besondere Gruppe hervorgehoben werden (Art. 7 Abs. 2; Art. 10 Abs. 1 Z 16; Art. 12 Abs. 1 Z 9; Art. 20; Art. 21; Art. 65 Abs. 2 und Art. 95 Abs. 5) . Der im Art. 10 Abs. 1 Z 11 und im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 12, Art. 12 Abs. 1 Z 4 B-VG} verwendete Begriff "Arbeiterschutz und Angestelltenschutz" gehört überdies dem materiellen Recht an; er umfaßt alle jene Maßnahmen, die zum Schutz der Arbeitnehmer gegen eine Ausbeutung oder vorzeitige Abnützung ihrer Arbeitskraft ( persönlicher Arbeitsschutz) und gegen Gefährdung ihres Lebens, ihrer Gesundheit und ihrer Sittlichkeit in den Betrieben (technischer Arbeiterschutz) erlassen werden.
Unter Dienstrecht versteht man die Summe aller Rechte und Pflichten der öffentlich Angestellten.
Personalvertretungen sind Institutionen, die dem Schutz und der Förderung der Angestellten zu dienen und darüber zu wachen haben, daß die aus dem Dienstverhältnis entspringenden Rechte der Angestellten und ihre berechtigten Interessen gewahrt werden. Sie sind dazu berufen, in dienstrechtlichen Angelegenheiten mitzuwirken, sie sind aber selbst nicht Einrichtungen des Dienstrechtes.
Als "öffentliche Angestellte" i. S. des Art. 7 Abs. 2 und des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 21, Art. 21 Abs. 4 B-VG} und als "Angestellte, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben" i. S. des Art. 12 Abs. 1 Z 9 und des Art. 21 Abs. 1 und 2 B-VG sind ohne Rücksicht auf die Art ihrer Bestellung alle im Bereich der Hoheitsverwaltung und der Gerichtsbarkeit tätigen Angestellten des Bundes, der Länder und der Gemeinden anzusehen.
Bei Identität der zu entscheidenden Frage kann der VfGH beschließen, in sinngemäßer Anwendung der §§ 187 und 404 ZPO im Zusammenhalt mit {Verfassungsgerichtshofgesetz § 35, § 35 VerfGG} das Verfahren über mehrere Anträge zur gemeinsamen Verhandlung und Erkenntnisfällung zu verbinden.