G32/87 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Subsidiarität des Individualantrags.
Im Zuge eines wegen Vergehens nach §114 ASVG anhängigen strafgerichtlichen Verfahrens besteht für den Beschuldigten Gelegenheit, seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Gesetzesstelle vorzutragen und bei dem in dieser Strafsache in zweiter Instanz zuständigen Gerichtshof die Stellung eines Antrages auf Gesetzesprüfung nach Art140 B-VG anzuregen.
Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG wäre dieses (Rechtsmittel )Gericht, sofern es - gleich der Antragstellerin - Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines anzuwendenden Gesetzes hegen sollte, zur entsprechenden Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet (vgl. zB VfSlg. 8552/1979, 9394/1982).
Ist - wie hier - ein gerichtliches Verfahren, in dem der Betroffene eine solche amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anregen kann, bereits anhängig, so müssen - in der vorliegenden Sache weder behauptete noch gegebene - besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, um der Partei des Gerichtsverfahrens selbst - trotz der ihr dort offenstehenden Möglichkeit - das Recht auf Einbringung eines Gesetzesprüfungsantrags einzuräumen. Man gelangte andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrags als eines bloß subsidiären ("lückenschließenden") Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 10.251/1984).
Strafverfahren wegen Vergehens nach §114 ASVG; Möglichkeit, beim Rechtsmittel-Gericht Antragstellung gemäß Art140 B-VG anzuregen.
Zurückweisung des Antrags auf Prüfung des §114 ASVG wegen sonstiger Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes.