§60 des ZivildienstG 1986 - ZDG (Anlage 1 zur Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Inneres vom 11.12.86, BGBl. Nr. 679, mit der das ZDG wiederverlautbart wird) wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die in §60 ZDG vorgesehene Verhängung von Primärarreststrafen ist durch den österreichischen Vorbehalt zu Art5 MRK nicht gedeckt.
Vom Vorbehalt sind zwar Gesetze auch dann gedeckt, wenn gleichartige Straftatbestände bereits in Verwaltungsvorschriften enthalten waren, die vor dem 03.09.58 erlassen wurden.
Für §60 des im Jahre 1974 erlassenen ZDG (das nun geltende ZDG 1986 stellt eine Wiederverlautbarung dar) ist nun aber kein solcher gleichartiger Straftatbestand auffindbar. Ein Zivildienst war zum Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehaltes noch nicht eingerichtet; für diese Materie bestand also damals überhaupt keine Regelung.
Der österreichische Vorbehalt kann nicht so ausgelegt werden, daß er alle Verwaltungsübertretungen erfaßt, deren Ahndung verfahrensmäßig nach dem VStG 1950 durchzuführen ist. Eine derartige Auslegung des Vorbehaltes geriete zum Wortlaut des Art64 Abs1 MRK in Widerspruch (vgl. etwa Merli, Zivildienst und Rechtsstaat, 1985, 61 ff.).
Anders als etwa im Apothekerkammer-Fall (hg. E v 14.10.87, G181/86 und Folgezahlen) ist es hier nicht möglich, den verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtszustand durch Aufhebung (bloß) der in Betracht kommenden behördenorganisatorischen Vorschriften herzustellen; vielmehr ist es zur Erreichung dieses Zieles erforderlich, sowohl die (an sich verfassungsrechtlich unbedenklichen) Bestimmungen über den materiellen Tatbestand als auch die die Behördenzuständigkeit regelnden Vorschriften, sohin den ganzen §60 ZDG (wegen Widerspruchs zu Art5 und 6 MRK) aufzuheben.
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