JudikaturVfGH

G3/91 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
20. Juni 1991

§14 der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

§14 BAO legt die Haftung des Erwerbers eines Unternehmens oder Betriebes in unsachlicher Weise fest und verstößt daher gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz.

Nach §14 BAO haftet der Erwerber schlechthin für die dort genannten Abgaben. Eine Beschränkung ist nur insofern vorgesehen, als sie auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen müssen. Zieht man in Betracht, daß die grundlegende - zivilrechtliche - Vorschrift über die Haftung des Erwerbers eines Vermögens oder Unternehmens (§1409 ABGB) die Beschränkung der Haftung auf jene Schulden, die der Erwerber "bei der Übergabe kannte oder kennen mußte", deutlich zum Ausdruck bringt, und selbst §67 Abs4 ASVG die Haftung des Erwerbers für den Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger ausdrücklich auf den Betrag beschränkt, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist, wird das Fehlen eines Anhaltspunktes für eine gleichartige Einschränkung in §14 BAO besonders deutlich. Die Gefahr des Verlustes der Sicherung der Abgabenforderung durch den Übergang des Unternehmens oder Betriebes hängt nicht im mindesten davon ab, ob der Erwerber den Rückstand kannte oder kennen mußte.

Ein allfälliger Wille des Gesetzgebers, die für die Haftung ausschlaggebende Gefahr gegen unvorhergesehene oder auch nur unvorhersehbare Belastungen des Erwerbers abzuwägen, müßte als Beschränkung dieses Zweckes an irgendeiner Stelle des Gesetzes zum Ausdruck kommen. Ohne eine geeignete Einschränkung ist aber die von §14 BAO ausgesprochene Haftung unsachlich.

(Anlaßfall B726/89, E v 20.06.91, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

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