JudikaturVfGH

B358/91 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
09. Oktober 1991

Dem Gesetzgeber ist es - außer im Falle eines hier nicht erkennbaren Exzesses - durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, in verschiedenen Rechtsbereichen verschiedene rechtspolitische Ziele zu verfolgen; die "Richtigkeit" dieser Maßnahmen ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu überprüfen. Der Verfassungsgerichtshof bleibt deshalb bei seiner in VfSlg. 10.770/1986 geäußerten Meinung, daß gegen §71 Abs1 lita AVG idF vor der Nov BGBl. 357/1990 (Bewilligung der Wiedereinsetzung nur bei Fristversäumnis o h n e Verschulden der Partei) keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Es steht dem Normsetzer frei, sich in den einzelnen Bereichen der Verfahren für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die den Erfordernissen und Besonderheiten unterschiedlicher Verfahren adäquat Rechnung tragen, sofern nur die strittigen Verfahrensgesetze in sich - dh. jeweils für sich betrachtet - gleichheitsgemäß gestaltet sind.

Soweit in der Beschwerde aber darauf abgestellt wird, eine Ungleichbehandlung jener Personen, die ein Rechtsmittel rechtzeitig oder verspätet einbringen, derart, daß letztere im Falle einer Fristversäumung von (meist) nur wenigen Tagen mit unverhältnismäßigen Folgen konfrontiert werden, sei sachlich nicht gerechtfertigt, ist zu erwidern, daß nicht nur die Sanktionen, sondern vor allen Dingen die Voraussetzungen jeweils unterschiedlich sind, ob nämlich ein Rechtsmittel eben rechtzeitig eingebracht wurde oder nicht.

Die belangte Landesgrundverkehrsbehörde hat zu Recht angenommen, daß sich die Vertragsparteien, somit auch der Beschwerdeführer, durch einen öffentlichen Notar vertreten ließen und die Ausweisung durch eine schriftliche Vollmacht im Sinne des §10 Abs1 AVG erfolgte. Sie ging demgemäß zu Recht auch davon aus, daß die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an eben diesen öffentlichen Notar rechtswirksam erfolgte. Die Rechtsmittelfrist begann daher mit dieser Zustellung zu laufen, die vom Beschwerdeführer (in der Folge vertreten durch einen Rechtsanwalt) erhobene Berufung war verspätet.

Die belangte Behörde kam in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis, daß der spätere Beschwerdevertreter selbst entsprechende Vorkehrungen hätte treffen müssen, um das wahre Datum der Bescheidzustellung festzustellen sowie die richtige Eintragung der Rechtsmittelfrist und die rechtzeitige Bearbeitung des Rechtsmittels zu gewährleisten.

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