G161/94 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Aufgrund der in Prüfung gezogenen Wendung "lit. a" in §77 Abs3 FinStrG ist die Beigabe eines Verteidigers, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, nur in den Fällen der obligatorischen Zuständigkeit des Spruchsenates möglich, nämlich bei Rückfälligkeit des Täters nach §41 oder §47 FinStrG und in den Fällen, in denen der strafbestimmende Wertbetrag im Gesetz näher bezeichnete Beträge überschreitet. Die Beigabe eines Verteidigers in den Fällen der bloß fakultativen Zuständigkeit des Spruchsenates wird durch die in Prüfung gezogene Wendung jedoch ausgeschlossen. Damit schließt sie die Beigabe eines unentgeltlichen Verteidigers in Fällen der fakultativen Zuständigkeit des Spruchsenates aber auch dann aus, wenn aufgrund der besonderen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage bzw aufgrund der verfahrensrechtlichen oder materiellrechtlichen Komplexität eines Falles etwa im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit eines umfangreichen Beweis- und Ermittlungsverfahrens oder beim Auftreten diffiziler Rechtsfragen das "Interesse der Rechtspflege" iS des Art6 Abs3 litc EMRK die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gebietet. Die in Prüfung gezogene Bestimmung steht deshalb, weil sie ein Abstellen auf die Gegebenheiten des Einzelfalles nicht erlaubt, im Widerspruch zu Art6 Abs3 litc EMRK.
(Anlaßfall: E v 05.10.94, B970/93 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides).