B434/94 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Würde das rechtskräftige Verhängen eines Aufenthaltsverbotes - abgesehen vom Fall, daß sich dessen Erlassung in der Folge (ex tunc) als unbegründet erwiesen hat - ausnahmslos dazu führen, daß die vierjährige Wohnsitzfrist nach §10 Abs3 StbG 1985 nach Wegfall des Aufenthaltsverbotes neu zu laufen beginnt, so wäre dies sachlich nicht zu rechtfertigen; stellt sich in der Folge nämlich heraus, daß das Aufenthaltsverbot zwar seinerzeit rechtmäßig erlassen wurde, daß aber seine Gründe nunmehr (ex nunc) weggefallen sind, so wäre nicht einzusehen, weshalb in jedem Fall (also unabhängig vom Anlaß des Aufenthaltsverbotes) der Lauf der vierjährigen Wohnsitzfrist unterbrochen werden sollte.
§15 Abs2 StbG 1985 kann aber auch so verstanden werden, daß eine Unterbrechung des Fristenlaufes gemäß Abs1 lita nicht nur dann nicht eintritt, wenn das Aufenthaltsverbot deshalb aufgehoben wurde, weil sich seine Erlassung in der Folge als unbegründet erwiesen hat, sondern auch dann nicht, wenn der Fall in der Gewichtung dem von dieser Bestimmung ausdrücklich erwähnten gleichwertig ist. Eine solche Konstellation ist dann gegeben, wenn das Aufenthaltsverbot zwar seinerzeit rechtmäßig verhängt wurde, die Gründe hiefür aber in der Folge weggefallen sind und nunmehr keine negativen Auswirkungen auf die Verleihung der Staatsbürgerschaft mehr haben.
Ein derartiger Fall liegt hier vor: Das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer war nicht etwa deshalb verhängt worden, weil sich dieser einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hätte, sondern weil er seinerzeit mittellos war; inzwischen verfügt er über ein regelmäßiges Einkommen.