JudikaturVfGH

B35/97 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
08. Oktober 1997

Ist die Behörde der Auffassung, ein Anbringen weise in inhaltlicher Hinsicht einen Mangel auf, der sie darin hindert, es in Behandlung zu nehmen, und läßt sich dieser Mangel durch eine klarstellende Erklärung der Partei beheben, so trifft sie die Verpflichtung, der Partei im Ermittlungsverfahren gemäß §37 AVG Gelegenheit zur Geltendmachung der klärenden Umstände zur Wahrung ihrer Rechte zu geben (s. VwSlg. 11.625 A/1984). Ebenso wie die Behörde etwa verpflichtet ist, den Sinn eines mehrdeutigen Parteienantrages durch Herbeiführung einer entsprechenden Parteienerklärung festzustellen (s. VfSlg. 3517/1959, 7684/1975), hat sie sich im Zweifelsfall darüber Klarheit zu verschaffen, gegen welchen Verwaltungsakt sich ein Rechtsmittel richtet.

Unbeschadet der Tatsache, daß eine Maßnahmebeschwerde nach Ablauf der sechswöchigen Frist gemäß §67c Abs1 AVG unzulässig ist, sind im Grunde des §39 AVG auch im Verfahren nach §67c AVG die Grundsätze der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit zu beachten. Das hat zur Folge, daß der UVS auf neue Tatsachen und Beweismittel, mag er aus welchem Grund immer davon Kenntnis erlangt haben, Bedacht zu nehmen hat. Den Parteien kann es daher keineswegs verwehrt sein, im weiteren Verlauf des Verfahrens, solange die Bescheide des UVS nicht ergangen sind, neue Tatsachen und Beweise vorzubringen. Mit diesen hat sich der UVS, soweit nicht der Beschwerdegegenstand "ausgetauscht" wird - solches liegt hier jedoch nicht vor - mangels eines sich aus dem AVG ergebenden Neuerungsverbotes auf jeden Fall auseinanderzusetzen. Denn nur in bezug auf die formalen Erfordernisse einer Beschwerde gilt der Grundsatz, daß nach Ablauf der Berufungsfrist nichts mehr nachgetragen werden darf (s. VfGH 26.6.1996, B1652/94).

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