JudikaturVfGH

B647/99 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
28. November 2000

Die Anlegung und Führung der Verteidigerliste gemäß §39 Abs3 StPO ist eine in die Kompetenz des Präsidenten des Oberlandesgerichtes fallende Justizverwaltungssache. Angelegenheiten der Justizverwaltung sind in ArtII EGVG nicht angeführt, sodaß eine Anwendung der Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze auf das Verfahren zur Anlegung und Führung der Verteidigerliste nicht in Frage kommt.

§6 StPO gilt für verfahrensrechtliche Fristen. Für eine teleologische Reduktion der Bestimmung des §6 Abs3 StPO nur auf Fristen, die unmittelbar den Strafprozeß betreffen, besteht jedoch - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - kein Anlaß. Nach dem klaren Wortlaut des §6 Abs1 StPO ("die in diesem Gesetz bestimmten Fristen") beziehen sich die - allgemeinen - in den folgenden Absätzen 2 und 3 enthaltenen Regelungen über die Berechnung von Fristen auch auf die verfahrensrechtliche (Rechtsmittel )Frist des §39 Abs3 letzter Satz StPO.

Daß sich die Vorschriften der StPO ihrem Wortlaut zufolge regelmäßig nur auf das gerichtliche Verfahren beziehen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die StPO auch Verfahrensbestimmungen enthält, die einerseits nur das Justizverwaltungsverfahren (vgl §39 Abs3 StPO) bzw anderseits sowohl das Gerichts- als auch das Verwaltungsverfahren (vgl etwa §6 Abs1 bis Abs3 StPO) betreffen.

Die belangte Behörde hätte daher den Tag des Postenlaufes nicht einrechnen dürfen. Damit wäre das Rechtsmittel innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht worden. Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert.

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