JudikaturVfGH

B1399/01 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
19. Juni 2002

Bei §57 Abs1 RAO (Strafbestimmung für unberechtigte Führung der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt bzw der in der Anlage zum EuRAG angeführten Anwaltsbezeichnungen) handelt es sich um eine im öffentlichen Interesse gelegene, sachlich gerechtfertigte und nicht unverhältnismäßige Maßnahme, die verfassungsrechtlichen Bedenken weder unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Erwerbsausübung noch unter dem des Gleichheitssatzes begegnet.

Die Strafbarkeit nach §57 RAO kommt für Rechtsanwälte mit Berufsausübungsbefugnis nach ausländischem Recht von vornherein nicht in Frage, solange sie den Hinweis auf ihren ausländischen Kanzleisitz führen (siehe §8 Abs4 RAO; vgl VfSlg 5210/1966).

Die belangte Behörde hat es unterlassen, zur entscheidenden Frage, nämlich zur Frage des Bestehens einer "Berechtigung" des Gebrauchs der Berufsbezeichnung aufgrund ausländischer (hier wohl: tschechischer) Vorschriften - sohin zum Umstand, von dem die Strafbarkeit des Beschwerdeführers nach §57 Abs1 (iVm. §8 Abs4 RAO) letztlich abhängt, irgendeine Ermittlungstätigkeit zu unternehmen.

Die belangte Behörde hat die Bestimmung des §8 Abs4 RAO überdies dadurch fehlerhaft angewendet, daß sie davon ausging, daß §8 Abs4 RAO nur jene Rechtsanwälte erfaßt, die in der Anlage zu §1 EuRAG genannt sind. Dies kann schon deswegen nicht zutreffen, weil §8 Abs4 RAO bereits vor dem Beitritt Österreichs zum EWR und daher auch vor Erlassung des EuRAG galt, sich daher auf alle Rechtsanwälte bezieht, die ihre Befugnis nicht nach österreichischem Recht erworben haben.

Rückverweise