B1330/06 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Dadurch, dass die Behörde - unter bloßem Hinweis darauf, dass die Schubhaft ursprünglich rechtmäßig verhängt wurde - von der irrigen Rechtsauffassung ausging, dass ihre Aufrechterhaltung jedenfalls für die in §80 Abs5 FremdenpolizeiG vorgesehene Dauer zulässig ist, hat sie die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt.
Die zuständige Fremdenpolizeibehörde ist stets dazu verpflichtet, die einzelnen Schubhafttatbestände verfassungskonform auszulegen und eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (siehe auch E v 24.06.06, B362/06).
§80 Abs5 FremdenpolizeiG ist dahingehend zu verstehen, dass die über einen Asylwerber verhängte Schubhaft nur aufrechterhalten werden darf, wenn weiterhin ein in §76 Abs2 Z1 bis 4 FremdenpolizeiG geregelter Tatbestand erfüllt ist. Kein von den Schubhaftgründen des §76 Abs2 leg cit unabhängiger "Verlängerungstatbestand" für die Schubhaft in §80 Abs5 leg cit, keine Ausnahmen von der Regel für die Verhängung der Schubhaft in §80 Abs5.
Voraussetzung für Verhängung der Schubhaft durch Mitteilung gem §29 Abs3 Z4 AsylG 2005 betreffend beabsichtigte Zurückweisung der Asylanträge ursprünglich gegeben, Ausweisungsverfahren eingeleitet iSd §27 Abs1 Z1 AsylG; dann jedoch Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem §36 Abs2 AsylG, daher Zulassung der Asylverfahren iSd §28 Abs3 zweiter Satz AsylG erfolgt (iVm Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigungskarte gem §51 leg cit); Wegfall der Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gem §76 Abs2 Z2 durch die Zulassung der Asylverfahren. Auch kein Vorliegen eines Schubhaftgrundes gem §76 Abs2 Z1 leg cit mangels durchsetzbarer Ausweisung infolge der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung