JudikaturVfGH

U131/08 - U397/08 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
03. Dezember 2008

Keine Bedenken gegen die Regelung des §9 Abs2 AsylGHG über die Zusammensetzung der Senate des Asylgerichtshofes und gegen Art129e Abs1 erster Satz B-VG.

Keine Auslegung dahingehend, dass Senate mindestens aus drei Richtern bestehen müssen, trotz des allgemeinen Sprachgebrauchs und der seit dem 19. Jahrhundert konstanten Praxis der Organisations- und Verfahrensgesetzgeber, unter einem "Senat" einen Spruchkörper zu verstehen, der aus wenigstens drei Richtern besteht. Der Verfassungsgesetzgeber ist jedoch nicht gehindert, einen vom allgemeinen Sprachgebrauch und der Praxis des einfachen Gesetzgebers abweichenden Begriff zu verwenden (siehe auch RV 314 BlgNR 23. GP zu Art129e Abs1 B-VG).

Die verfassungsgesetzliche Ermächtigung zur Einrichtung von Zwei-Richter-Senaten in Art129e Abs1 B-VG verstößt nicht gegen das rechtsstaatliche Prinzip. Zwar ist es als fester Bestandteil der österreichischen rechtsstaatlichen Tradition anzusehen, dass Entscheidungen eines Kollegiums von wenigstens drei Richtern die Vermutung einer höheren Gewähr der fehlerlosen Rechtsanwendung für sich haben, insbesondere im Fall von höchstgerichtlichen Entscheidungen, wie sie im Fall des Asylgerichtshofes gegeben sind. Die durch die B-VG-Novelle BGBl I 2/2008 bewirkte erhebliche Absenkung des rechtsstaatlichen Standards verwaltungsgerichtlicher Kontrolle sowohl auf organisationsrechtlicher als auch auf verfahrensrechtlicher Ebene auf einem bestimmten Gebiet des Verwaltungsrechts erreicht jedoch - gerade noch - nicht jenes Ausmaß, bei dem die Verfassungsnovelle als Gesamtänderung der Bundesverfassung zu qualifizieren wäre, weil das rechtsstaatliche Prinzip aufgegeben oder sein Verhältnis zu anderen Prinzipien wesentlich verändert worden wäre (vgl VfSlg 15373/1998).

Zum Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot durch mangelhafte Begründung der Entscheidung siehe E v 07.11.08, U67/08 (Asylgerichtshof als Gericht, daher Verweis auf vorinstanzliche Entscheidungen wie in Bescheiden von Berufungsbehörden iSd §67 iVm §60 AVG nicht zulässig).

Auch im vorliegenden Fall bloß kursorischer Hinweis auf das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt; dann zwar Eingehen auf einzelne Vorbringen in der Beschwerde an den Asylgerichtshof (Bezugnahme auf das Protokoll der Vernehmung, wonach keine konkrete Bedrohungssituation in Nigeria geltend gemacht werde; Würdigung der politischen Situation im Niger-Delta; Würdigung der Gefahr einer Sippenhaftung im Hinblick auf das Alter der Brüder des Beschwerdeführers); Begründung dennnoch nicht ausreichend nachvollziehbar angesichts mangelnder Sachverhaltsdarstellung und Zusammenfassung der Begründung des Bescheides des Bundesasylamtes in einem Satz.

Siehe auch E v 29.01.09, U397/08: Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Asylantrags eines minderjährigen ägyptischen Staatsangehörigen durch Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit zur Lage der möglichen medizinischen Versorgung des Beschwerdeführers im Herkunftsland, zum aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, seiner Behandlung und den notwendigen Medikamenten; Verweis auf E v 07.11.08, U67/08, und E v 03.12.08, U131/08.

Weiters E v 29.01.09, U370/08, betr Abweisung des Asylantrags eines nigerianischen Staatsangehörigen; bloße Erklärung des AsylGH, dass er sich den Ausführungen des Bundesasylamtes anschließt und diese zum Inhalt seines Erkenntnisses erhebt; keine Auseinandersetzung mit dem Spruchpunkten II. und III. des Bescheides des BAA betr Versagung des Status als subsidiär Schutzberechtigter und Ausweisung nach Nigeria.

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