B1682/07 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Vertretbare Auffassung des Disziplinarsenates, dass "[d]er Kern des dem Disziplinarbeschuldigten zur Last fallenden Fehlverhaltens" darin liegt, "dass er auf der Basis seiner anamnestischen
Patienteninformation die ... Indikationskette mit nach Lage des
Falles in ihrer Gesamtheit alarmierender Bedeutung ... unter
Außerachtlassung der nach den Begleitumständen nicht ausschließbaren schleichenden Uterusruptur im Vertrauen auf die bis dahin einwandfreien Herz- und Kreislauffunktionen bei Mutter und Kind als kulminierenden Ausdruck der Endphase eines an sich routinemäßigen Geburtsvorganges" interpretierte.
Kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler durch Nichteinholung eines weiteren Gutachtens; Grundlagen sowie geltend gemachte Widersprüche des eingeholten Sachverständigengutachtens wurden in der Berufungsverhandlung selbst erörtert.
Kein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung.
§49 ÄrzteG 1998 legt zentrale Pflichten des Arztes fest, die für das Ansehen der Ärzteschaft maßgeblich sind; wenn also das Verhalten des Arztes geeignet war, das Vertrauen der Bevölkerung in die gewissenhafte Betreuung einer Patientin zu erschüttern, liegt es im spezifischen standespolitischen Interesse der gesamten Ärzteschaft, aus generalpräventiven Gründen ein entsprechendes Verfahren zu führen.
Gerade dieser spezifisch standesrechtliche Aspekt wurde im Strafverfahren nicht berücksichtigt, weshalb es auch dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Verbot der Doppelbestrafung nicht entgegensteht, wenn der Beschwerdeführer zur Wahrung unterschiedlicher Rechtsgüter - wenn auch wegen desselben Sorgfaltsverstoßes - neben den Strafgerichten auch von den Disziplinarbehörden zur Verantwortung gezogen wurde.