JudikaturVfGH

U614/10 - U613/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
12. Juni 2010

Entscheidung des Asylgerichtshofes (AsylGH) zu Recht im Wege eines Familienverfahrens iSd §34 AsylG 2005: Abweisung aller Anträge und Ausspruch der Ausweisung sämtlicher Familienmitglieder.

Ausführliches Ermittlungsverfahren, klare und übersichtliche Zusammenfassung der Ergebnisse der Beweiswürdigung, Ausführungen des BAA erst vier Monate zurückliegend, Anknüpfung daran daher zulässig.

Zutreffende Annahme des Nicht-Vorliegens asylrelevanter Fluchtgründe iSd §3 Abs1 AsylG 2005, keine Geltendmachung einer individuellen Bedrohungssituation bei Darlegung der Fluchtgründe, keine drohende Verfolgung bei der Rückkehr aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention.

Keine Verletzung von Art3 EMRK durch Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem §8 Abs1 Z1 AsylG 2005.

Medizinische Versorgung sowie grundsätzliche Behandlungsmöglichkeit der psychischen Krankheit der Beschwerdeführerin auch in ihrem Herkunftsstaat gewährleistet; kein Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen, die der Abschiebung entgegenstehen könnten; Anwesenheit eines Amtsarztes bei Problemabschiebungen.

Kein verfassungsrechtliches Hindernis für die Ausweisung in die Republik Kosovo trotz einer diagnostizierten Anpassungsstörung der Beschwerdeführerin und bereits ausgesprochener Selbstmorddrohungen (vgl E 06.03.08, B2400/07).

Keine Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem Art8 EMRK durch Ausweisung in die Republik Kosovo gem §10 Abs1 Z2 AsylG 2005.

Verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Interessenabwägung; ausreichende Auseinandersetzung mit den Integrationskriterien, "hohes Maß an Integration" vom AsylGH zugestanden; Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen sowie an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel gegenüber den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art8 EMRK.

Dem AsylGH kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegen getreten werden, wenn er mit Blick auf die Entscheidung des EGMR vom 08.04.08, Nnyanzi gegen United Kingdom, Nr 21878/06, dem Umstand, dass die Integration - anders als in Fällen, in denen gegenüber den Asylwerbern seit ihrer Antragstellung über mehrere Jahre keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, ohne dass dies der Sphäre der Asylwerber zuzurechnen wäre - auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte, wesentliche Bedeutung beimisst.

Auch trifft die insbesondere in der Gegenschrift des AsylGH dargetane Auffassung zu, ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne keinen Rechtsanspruch aus Art8 EMRK bewirken (vgl idS VfSlg 14681/1996 sowie VwGH 11.12.03, 2003/07/0007, wenn auch zu anderen Verwaltungsrechtsmaterien). Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Möglichkeit der Rückkehr in das Bundesgebiet bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen.

Keine Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, geklärter Sachverhalt iSd §41 Abs7 AsylG 2005, Bescheiderlassung des BAA und Beschwerde erst vier Monate vor Entscheidung, mündliche Verhandlung daher nicht geboten.

Abweisung des Antrags des AsylGH, dem Bund den gesetzlichen Kostenersatz zuzuerkennen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des §48 Abs2 VwGG nicht in Betracht kommt.

Siehe auch U613/10 (Abweisung der Beschwerde der Mutter der Beschwerdeführerin) sowie U615/10 ua (Ablehnung der Beschwerden der minderjährigen Geschwister der Beschwerdeführerin), alle vom selben Tag.

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