JudikaturVfGH

B2066/08 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
16. Juni 2010

Ausgleich der zufolge der Einführung der unechten Umsatzsteuerbefreiung (iSd §6 Abs1 Z7 UStG 1994) für den Gesundheits- und Sozialbereich ab 01.01.97 entstandenen Mehrbelastungen in der Höhe der nicht mehr abziehbaren Vorsteuern durch das Gesundheits- und Sozialbereich-BeihilfenG, BGBl 746/1996, (im Folgenden: GSBG) in Form mehrerer Beihilfenmodelle.

Unbedenklichkeit der in §1 Abs2 GSBG normierten Anknüpfung an die "Krankenversicherungsaufwendungen". Gehalt des Begriffes ergibt sich aus den diesbezüglichen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Krankenversicherung und wird in der Erfolgsrechnung des Sozialversicherungsträgers dargestellt.

Keine Bedenken gegen die Höhe des Prozentsatzes der Beihilfe gem §1 Abs1 der Gesundheits- und Sozialbereich-BeihilfenV (GSBG-VO) sowohl idF BGBl II 56/1997 als auch idF BGBl II 498/2003.

Ermittlung des Prozentsatzes der pauschalierten Beihilfe nach §1 GSBG aufbauend auf dem Verhältnis der bei allen Trägern der Sozialversicherung und dem Hauptverband angefallenen Vorsteuern und ihrer Relation zu den gesamten Ausgaben für die Krankenversicherung auf Basis der Daten eines bestimmten Jahres, nämlich 1995. Der Prozentsatz dient dem Zweck, die einmal ermittelten, künftig verlorenen Vorsteuern in einem Anteil der (ursprünglichen) Krankenversicherungsausgaben darzustellen und damit an die künftige Entwicklung dieser Ausgaben (insoweit gleich einer Wertsicherungsklausel) anzubinden.

Den einzelnen Trägern der Krankenversicherung muss nicht auf Dauer ein vollständiger Ausgleich des in den folgenden Kalenderjahren jeweils fiktiv (dh unter der Annahme der Weitergeltung der echten Umsatzsteuerbefreiung) entgangenen Vorsteuerabzuges gewährt werden.

Änderung der für die Bemessung der jährlichen Beihilfe maßgebenden Messgröße auch zu Ungunsten der Krankenversicherungsträger zulässig.

Die Anordnung des BudgetbegleitG 2003, BGBl I 71, dass Kostenersätze anderer Sozialversicherungsträger beim empfangenden Krankenversicherungsträger den Krankenversicherungsaufwand mindern, tangiert nur die konkrete Ermittlung der Krankenversicherungsaufwendungen eines Sozialversicherungsträgers; sie berührt nicht die gesetzlichen Grundlagen für die Ermittlung des Prozentsatzes.

Die mit der Novelle BGBl II 498/2003 vorgenommene Änderung der GSBG-VO ließ den grundsätzlich auch (weiterhin) für Sozialversicherungsträger geltenden - gesetzmäßigen - Prozentsatz der Beihilfe iHv 4,3 vH unberührt, weil die Differenz auf den formal erhöhten Prozentsatz von 5,07 vH, nämlich 0,77 vH der Krankenversicherungsaufwendungen, in Zusammenschau von gesetzlicher Grundlage und verordnungsmäßiger Ausführung dem Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger zu überweisen ist. Diese Änderung findet ihre gesetzliche Grundlage in §1 Abs2 letzter Satz GSBG idF BGBl I 71/2003.

Verletzung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse im Eigentumsrecht durch denkunmögliche Gesetzesanwendung.

Die Anwendung der im Jahre 2003 in Kraft getretenen Bemessungsvorschrift auch auf die davor liegenden Jahre erfolgte ohne gesetzliche Grundlage.

Mit den Regelungen des BudgetbegleitG 2003 hat der Gesetzgeber zwar die Rechtslage verschlechtert, dh die Bemessungsgrundlage für die Aufwertung der Beihilfe um Ersatzansprüche gegen andere Sozialversicherungsträger gekürzt. Dies ermächtigt die Vollziehung aber nicht dazu, diese Regelung rückwirkend auf andere Bemessungszeiträume anzuwenden. Zwingende Anhaltspunkte, den Begriff der "Krankenversicherungsaufwendungen" schon ab 1997 in diesem Sinne zu verstehen, sind nicht zu erkennen.

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