B271/10 - B1345/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Übergangsbestimmung des ArtXVII §6 Berufsrechts-ÄnderungsG 2008, BGBl I 111/2007 (BRÄG 2008); verfassungsrechtlich unbedenkliche Heranziehung der Regelungen der §1 Abs1 und §2 Abs1 RechtspraktikantenG iVm §1 Abs2 litc RAO idF
BGBl I 109/2000 (Fassung vor Berufsrechts-ÄnderungsG 2008) bei der Prüfung der Zulassung der Beschwerdeführerin zur Gerichtspraxis.
Nach den Gesetzesmaterialien sind die mit dem BRÄG 2008 ua im Bereich des Berufsrechts der Rechtsanwälte (einschließlich der diesbezüglichen Berufsausbildung) vorgenommenen, weit reichenden Modifizierungen im Gefolge der tief greifenden Umgestaltung des Universitätsrechts durch das UniversitätsG 2002 (Universitätsautonomie; Einrichtung von Bachelor- und Masterstudien; Möglichkeit eines rechtswissenschaftlichen Studiums auch außerhalb der "klassischen" rechtswissenschaftlichen Fakultäten und schwerpunktmäßiger Ausbildungen) sowie des sog "Bologna-Prozesses", aber auch im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 13.11.03, Rs C-313/01, Morgenbesser, Slg 2003, I-13467) notwendig geworden (vgl Erläut zur RV 303 BlgNR 23. GP, 4 ff, 13 f).
Im Hinblick auf die damals im Zusammenhang mit dieser Umgestaltung noch im Gange befindlichen Maßnahmen an einzelnen Universitäten ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Anwendung der Neuregelung erst pro futuro - ab einem Studienbeginn nach dem 31. August 2009 - vorgesehen hat, um es Universitäten, aber auch Studierenden zu ermöglichen, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen und Universitäten Spielraum zu geben, allfällige Änderungen ihrer curricula vorzunehmen (vgl die Erläut zur RV 303 BlgNR 23. GP, 55), zumal diverse Studien noch nicht alle für die juristischen Kernberufe erforderlichen Ausbildungsinhalte im Studienplan beinhaltet haben, um den Voraussetzungen des §3 RAO idnF zu entsprechen.
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung des Antrags einer Absolventin des Diplomstudiums "Wirtschaftsrecht" auf Zulassung zur Gerichtspraxis.
Verneinung der Erlangung des gem §1 Abs2 litc RAO idF BGBl I 109/2000 für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft erforderlichen akademischen Grades durch die belangte Behörde ohne Berücksichtigung, dass das diesbezügliche Bundesgesetz mit In-Kraft-Treten der Studienpläne an den einzelnen Universitäten, spätestens jedoch mit Ablauf des 30.09.02 außer Kraft getreten ist (§75 Abs3 und Abs4 iVm Anlage 3 Universitäts-StudienG).
Vor diesem Hintergrund wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, §1 Abs2 litc RAO idF BGBl I 109/2000 iVm §2 Abs1 RechtspraktikantenG im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung dahin zu prüfen, ob das von der Beschwerdeführerin zwischen 2005 und 2009 an der Universität Innsbruck absolvierte und mit dem Magisterium abgeschlossene Diplomstudium "Wirtschaftsrecht" nach dem hiefür maßgeblichen Studienplan dem Erfordernis für die Zulassung zur Gerichtspraxis entspricht.
She ebenso B1345/10, E v 21.02.11; kein Wegfall der Beschwer trotz zwischenzeitig erfolgter Zulassung zur Gerichtspraxis in einem anderen Sprengel infolge (zulässiger) Unterbrechung der angetretenen Gerichtspraxis.