G28/11 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Aus der Begründung des Antrags geht mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die Bedenken bestimmten (Gruppen von) Normen zuzuordnen sind. Es handelt sich daher um einen Antrag, der aus mehreren, voneinander grundsätzlich unabhängigen Teilen besteht.
Jedoch Unzulässigkeit des Antrags, soweit er die mit der Herabsetzung der allgemeinen Altersgrenze in Zusammenhang stehenden Bestimmungen, den §9 FLAG 1967 (Mehrkindzuschlag) und die Z3 des Art135 BudgetbegleitG 2011 (Entfall des Anspruchs für arbeitsuchende volljährige Kinder) betrifft.
Bei Beurteilung der Zulässigkeit eines Gesetzesprüfungsantrags sind die möglichen Wirkungen eines die Aufhebung aussprechenden Erkenntnisses nach Art140 Abs6 B-VG nicht einzubeziehen. Keine Vorwegnahme der Ermessensentscheidung des VfGH bereits in der Phase der Prüfung der Prozessvoraussetzungen.
Die ratio des Art140 Abs6 B-VG (Wieder-In-Kraft-Treten früherer gesetzlicher Bestimmungen) liegt primär darin, dem VfGH - als Alternative oder zusätzlich zur Fristsetzung nach Art140 Abs5 B-VG - ein Instrument zur Lückenfüllung nach einer Gesetzesaufhebung in die Hand zu geben, mit dem sich gleichzeitig die Prolongierung der Verfassungswidrigkeit vermeiden lässt. Keinesfalls entspricht es dem Konzept der Bundesverfassung, dass nach Aufhebung von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof gleichsam automatisch das durch sie derogierte Altrecht wieder in Kraft tritt.
Antrag daher hinsichtlich §2 Abs1 litb, litc, lite, litg, lith und liti sowie §6 Abs2 lita, litc, litd, litf, litg und lith FLAG 1967 zu eng gezogen; die isolierte Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen ("24. Lebensjahr", "24. Lebensjahres", "25. Lebensjahr" bzw "25. Lebensjahres") hinterließe einen sprachlich sinnentleerten Torso.
Durch Aufhebung der Ausnahmebestimmungen (§2 Abs1 litj und litk sowie §6 Abs2 liti und litj) zur Gänze würde die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt, sondern vielmehr verstärkt.
Im Fall der gesonderten Aufhebung der In-Kraft-Tretens-Bestimmungen (§55 Abs17 FLAG 1967) keine Legisvakanz.
Der Wegfall des letzten Satzes des §9 FLAG 1967 (betr die Höhe des Mehrkindzuschlags) würde die verbleibenden Vorschriften zum Mehrkindzuschlag unanwendbar und unverständlich machen.
Der Verweis auf die dargelegten Bedenken gegen die Herabsetzung der allgemeinen Altersgrenze ist nicht geeignet, die Verfassungswidrigkeit der Z3 des §135 BudgetbegleitG 2011 (Aufhebung der Regelung über den Bezug von Familienbeihilfe für arbeitsuchende volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) darzutun.
Abweisung des Antrags, soweit er sich auf §8 Abs8 FLAG 1967 bezieht. Hinweis auf G6/11 vom selben Tag.
Bei der Kürzung der 13. Familienbeihilfe handelt es sich um eine familienpolitische Maßnahme, zu deren rechtspolitischer Würdigung der Verfassungsgerichtshof nicht berufen ist, die als solche aber jedenfalls im verfassungsrechtlich vorgegebenen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt.