JudikaturVfGH

B13/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
14. Dezember 2011

Elternbegriff des §7 StbG jeweils als Vater oder Mutter im Rechtssinne zu verstehen; Beweisverfahren mittels DNA-Analyse nur für den Fall vorgesehen, dass ein urkundlicher Nachweis über eine Abstammung nicht erbracht werden kann.

Geltung der Bestimmungen des FortpflanzungsmedizinG (und seiner Begleitvorschriften im ABGB) unabhängig vom Personalstatut, jedoch Anknüpfung an Sachverhalte auf dem Territorium der Republik Österreich.

Regelungen des US-amerikanischen Rechts ("Einheitliches Gesetz über die Rechtsstellung von mit künstlicher Befruchtung gezeugten Kindern" aus dem Jahr 1988 - "Uniform Status of Children of Assisted Conception Act") zwingende Rechtsvorschriften.

Es ist daher verfehlt, wenn die belangte Behörde eine Rückverweisung des US-amerikanischen Rechts auf österreichisches (Sach )Recht annimmt, weil die in Betracht kommenden Sachnormen des US-amerikanischen Rechts, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und der Domizilierung der betroffenen Personen einen zwingenden Geltungsanspruch erheben.

Verkennung der Rechtslage auch durch die Annahme eines Widerspruchs zum österreichischen ordre-public (§6 IPR-G); nach hL und Rspr Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechtes; Verfassungsgrundsätze (insbesondere durch die EMRK geschützte Menschenrechte), persönliche Freiheit, Gleichberechtigung, Verbot abstammungsmäßiger, rassischer und konfessioneller Diskriminierung, Freiheit der Eheschließung, Einehe, Verbot der Kinderehe und Schutz des Kindeswohles als geschützte und somit ordre-public-feste Rechtsgüter.

Es widerspräche dem Wohl des Kindes, wenn ihm durch die Versagung der Anerkennung der US-amerikanischen Gerichtsbeschlüsse für die österreichische Rechtsordnung seine biologische Mutter als Mutter im Rechtssinne genommen wird und dafür die Leihmutter in die Mutterrolle gezwungen wird, obwohl sie weder biologisch, noch nach dem Personalstatut der Kinder deren Mutter ist, noch dies sein will und kann und auch mit dem Kind keine Familiengemeinschaft begründet hat.

Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Drittbeschwerdeführerin (von der die Eizelle stammt) nicht die (auch rechtliche) Mutter der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien ist. Sie hat durch die gänzliche Außerachtlassung des Wohles des Kindes und des Fehlens der Bedachtnahme auf Lehre und Rechtsprechung zur Frage des ordre-public die Rechtslage gehäuft verkannt und dadurch Willkür geübt.

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