B454/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Geltung der sukzessiven Kompetenz in Leistungssachen (§354 Abs1 Z1 ASVG iVm §65 Abs1 Z1 ASGG) in der Sozialversicherung auch für Streitigkeiten zwischen dem Pensionsversicherungs- und dem Sozialhilfeträger über den Ersatzanspruch; jedoch keine gesonderte Regelung für die Liquidierung von Beträgen (auch nicht im Weg einer Klage gem Art137 B-VG); keine Zuständigkeit des Pensionsversicherungsträgers zur Bescheiderlassung, keine Anrufbarkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes, lediglich gerichtliches Exekutionsverfahren, jedoch nicht im Fall der Strittigkeit hinsichtlich der Höhe des Ersatzbegehrens des Sozialhilfeträgers.
Ist die Partei mit der Höhe des Ersatzanspruches gemäß §324 ASVG nicht einverstanden, so liegt ein Streit mit dem Sozialhilfeträger über die Höhe dieses Ersatzanspruches vor, der nach den Bestimmungen des jeweiligen Sozialhilfegesetzes bzw des Gesetzes über die soziale Mindestsicherung vor den nach diesen Gesetzen zuständigen Behörden (nach Maßgabe dieser Gesetze allenfalls auch vor den ordentlichen Gerichten) auszutragen ist.
Das ASVG sieht für die Konstellation einer Kongruenz von Sozialhilfeleistung mit dem Zeitraum, für den eine Pensionsnachzahlung gebührt, lediglich einen Anspruchsübergang der Pensionsnachzahlung an den Sozialhilfeträger zur Abdeckung von dessen Ersatzanspruch vor.
Der vom Sozialhilfeträger beim Sozialversicherungsträger gemäß §324 Abs1 ASVG geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von tatsächlichen Aufwendungen der Sozialhilfe ist mit dem Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers ident (Nachzahlungsanspruch sozialhilferechtlich nachträglich erlangtes Vermögen, laufende Pensionsansprüche auf den laufenden Sozialhilfeanspruch anzurechnendes Einkommen).
Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Erlassung eines Bescheides über den Ersatzanspruch gegenüber dem Sozialhilfebezieher jedenfalls bei Bestreitung eines von der Pensionsnachzahlung nach §324 iVm §327 ASVG abgezogenen Ersatzanspruches; hier: Zuständigkeit des Magistrats in erster Instanz gem §26 Wr SozialhilfeG zur Bescheiderlassung.
Der Landeshauptmann von Wien war daher im Ergebnis zu Recht der Auffassung, dass der Sozialversicherungsträger durch die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin über keine Verwaltungssache im Sinne des §355 iVm §412 ASVG entschieden hat. Nur Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen nach dem ASVG können aber binnen eines Monats nach der Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden. Die Zurückweisung des Einspruchs der Beschwerdeführerin erfolgte daher zu Recht.
Zurückweisung des Antrags auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes:
Auch das Arbeits- und Sozialgericht Wien hat seine Zuständigkeit zu Recht verneint, weil auch eine Leistungssache nach dem ASVG im Sinne des §355 ASVG nicht vorliegt. Es liegt daher zwischen dem Landeshauptmann von Wien und dem ASG Wien, sohin zwischen einer Verwaltungsbehörde und einem Gericht, auch kein negativer Kompetenzkonflikt vor.