JudikaturVfGH

B563/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
04. Oktober 2012

Im Rahmen eines Widerstreitverfahrens wird - wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt - nicht über die Genehmigung eines Vorhabens abgesprochen, sondern lediglich die einer Genehmigung vorgelagerte Frage entschieden, welche von mehreren konkurrierenden Bewerbungen sich zulässigerweise um eine Genehmigung bemühen darf. Dass mit der Erlassung der Vorzugserklärung noch keine Bewilligung (und daher hinsichtlich des nicht bevorzugten Wasserbaus auch noch keine Versagung) verbunden ist, ergibt sich nicht zuletzt aus §109 Abs3 WRG 1959, wonach die Vorzugsentscheidung außer Kraft tritt, wenn das Vorhaben, dem der Vorzug gebührt, in der Folge nicht bewilligt wurde.

Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 24.02.06, 2005/04/0044, zum Verhältnis der Sperrwirkung nach dem UVP-G zu einem bestimmten, dem wasserrechtlichen Widerstreitverfahren ähnlichen Verfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz.

Da die Vorzugsentscheidung im Rahmen eines Widerstreitverfahrens keine Genehmigung iSd Art11 Abs1 Z7 B-VG ist, liegt der behauptete Verstoß des §109 Abs1 WRG 1959 gegen die Kompetenzbestimmungen der Bundesverfassung nicht vor.

Auch die Bedenken bezüglich der Unbestimmtheit des §109 WRG 1959 teilt der VfGH nicht.

Grundsätzlich richtet sich die Zuständigkeit für die Durchführung eines Widerstreitverfahrens gemäß §17 WRG 1959 nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln des elften Abschnitts des WRG 1959. Zuständige Wasserrechtsbehörde ist gemäß den in §98 bis §100 WRG 1959 angeführten Determinanten die Bezirksverwaltungsbehörde, der Landeshauptmann oder der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Ergeben sich aus diesen Bestimmungen für die widerstreitenden Projekte verschiedene sachlich zuständige Behörden, so ist gemäß §101 Abs2 WRG 1959 die Behörde der höheren Instanz zuständig.

§109 Abs1 WRG 1959 enthält nun zwar eine die Zuständigkeit zur Durchführung eines Widerstreitverfahrens regelnde Sonderbestimmung für den Fall, dass "für die Bewilligung der widerstreitenden Vorhaben sachlich verschiedene Behörden zuständig" sind. Auf den ersten Blick scheint diese Bestimmung also denselben Fall zu regeln wie §101 Abs2 WRG 1959, der ja ebenfalls Vorsorge für das Zusammentreffen der Zuständigkeiten "sachlich verschiedener Behörden" trifft. Ein Blick in die Materialien und auf die in den Bestimmungen jeweils angeordnete Rechtsfolge zeigt jedoch, dass mit den Wendungen "sachlich verschiedene Behörden" jeweils Unterschiedliches gemeint ist.

Die Bestimmung des §101 Abs2 WRG 1959 regelt nämlich den Fall, dass mehrere Wasserrechtsbehörden iSd §98 bis §100 leg cit zuständig sind, das heißt Behörden, die alle im Sachbereich Wasserrecht Kompetenzen besitzen, jedoch an unterschiedlicher Stelle in der verwaltungshierarchischen Struktur stehen. Für diesen Fall soll die Behörde der höheren Instanz zuständig sein.

Die Bestimmung des §109 Abs1 WRG 1959 hingegen regelt den Fall konkurrierender Projekte, wobei bei einem Projekt eine Wasserrechtsbehörde iSd §98 bis 100 leg cit und bei einem anderen Projekt eine andere Behörde zuständig ist, etwa eine Behörde, die zur Durchführung eines konzentrierten Verfahrens im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung berufen ist. In einem solchen Fall soll aber über den Widerstreit gemäß §109 Abs1 letzter Satz WRG 1959 jedenfalls die Wasserrechtsbehörde entscheiden, also die Behörde iSd §98, §99 und §100 WRG 1959.

Dies erklärt auch, aus welchem Grund §109 Abs1 WRG 1959 nur auf die Bestimmungen des §98, §99 und §100 leg cit verweist, nicht jedoch auf die Sonderbestimmungen des §101 leg cit. §109 Abs1 WRG 1959 will nur den Fall regeln, dass für die Bewilligung der widerstreitenden Projekte nicht nur Behörden nach dem WRG 1959 zuständig sind, etwa weil ein Projekt oder auch weil allenfalls alle widerstreitenden Projekte hinsichtlich des Bewilligungsverfahrens UVP-pflichtig sind. Für diesen Fall wird lediglich angeordnet, dass für das Widerstreitverfahren jedenfalls die Wasserrechtsbehörde zuständig sein soll.

Welche der aufgrund dieser grundsätzlichen Zuordnung des §109 Abs1 WRG 1959 für das Widerstreitverfahren in Betracht kommenden Behörden nach §98 bis §100 WRG 1959 schließlich die nach dem WRG 1959 zuständige Behörde ist, richtet sich sodann - nach Maßgabe der Art der konkurrierenden Projekte - in einem zweiten Schritt nach §101 Abs2 leg cit, wobei die widerstreitenden Projekte nach den Zuständigkeitsbestimmungen des §98 bis §100 WRG 1959 einzuordnen sind und die danach höchste Behörde das Widerstreitverfahren durchzuführen hat.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass nur solche Projekte in Widerstreit geraten können, zu denen auf entsprechende Entwürfe gestützte Ansuchen um Wasserbenutzung vorliegen.

In Verkennung der dargestellten Rechtslage hat die belangte Behörde den Landeshauptmann als für das Widerstreitverfahren zuständige Behörde bestimmt, obwohl das von der beschwerdeführenden Partei eingereichte Projekt in den Katalog des §100 WRG 1959 fällt. Die höchste für eines der Projekte zuständige Behörde ist der Bundesminister, der daher auch für das Widerstreitverfahren zuständig ist.

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