B121/11 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Keine Bedenken gegen §44 ABGB und die angewendeten Bestimmungen des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, verschiedene institutionelle Rahmen für die Verehelichung verschiedengeschlechtlicher Personen einerseits und das Eingehen einer eingetragenen Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare andererseits vorzusehen und somit den Zugang zur Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare zu beschränken.
Rechte der EU-Grundrechte-Charta können zwar als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte geltend gemacht werden, allerdings nur im Anwendungsbereich der Charta, dh nur in Fällen der Durchführung des Rechts der Europäischen Union. In keinem der beiden Beschwerdesachverhalte ist erkennbar, dass diese Bedingung erfüllt wäre.
Auch soweit sich die Beschwerden gegen die Rechtsvorschriften wenden, auf die sich die Zurückweisung der Anträge betreffend die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft vor der Personenstandsbehörde Standesamt stützt (§46, §47, §47a, §59a PersonenstandsG), sind sie unbegründet.
Der VfGH hat - vor der Schaffung des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - ausgesprochen, dass weder der Gleichheitsgrundsatz noch die EMRK eine Ausdehnung der auf die grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft ausgerichteten Ehe auf Beziehungen anderer Art gebieten. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei, die von ihm für Ehegatten vorgesehenen Rechtsfolgen nur auf Verbindungen von Personen unterschiedlichen Geschlechts anzuwenden (VfSlg 17098/2003). Es muss aber ein Sachzusammenhang zwischen der Ehe und diesen Rechtsfolgen bestehen (VfSlg 17337/2004). Umgekehrt zwingt der Gleichheitsgrundsatz den Gesetzgeber nicht dazu, die Rechtsfolgen aus der Rechtsform für gleichgeschlechtliche Paare auf eine Rechtsform für verschiedengeschlechtliche Paare zu erstrecken (VfSlg 19492/2011).
Die in den Erkenntnissen VfSlg 17098/2003 und 17337/2004 formulierten Grundsätze gelten auch nach der Schaffung einer eigenen Rechtsform für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Im Hinblick darauf, dass die Ehe verfassungsrechtlich durch Art12 EMRK eine spezielle Regelung erfahren hat und ausdrücklich der Partnerschaft von Frau und Mann vorbehalten ist, ist der Gesetzgeber nicht gezwungen, für eine Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare in jeder Hinsicht gleiche Regelungen wie für eine Ehe zu treffen.
Gesetzliche Regelungen über die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden im Zusammenhang mit der Begründung einer eingetragenen Partnerschaft erweisen sich vor diesem Hintergrund als verfassungskonform. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Spielraum der Mitgliedstaaten bei Regelungen im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften (vgl EGMR 24.06.10, Fall Schalk und Kopf, Appl 30141/04, Z108) besteht ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers jedenfalls auch bei der Regelung der Behördenzuständigkeit. Die Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes stehen seiner Entscheidung im Hinblick auf die gesonderte grundrechtliche Verankerung der Ehe nicht entgegen. Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, wenn der Gesetzgeber für beide Rechtsinstitute verschiedene Zuständigkeiten vorsieht.
Da die Beschwerdeführer der Sache nach nur die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet haben, ist nicht darauf einzugehen, ob die Verletzung eines anderen (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes vorliegt.