JudikaturVfGH

B424/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
22. November 2012

In der Begründung des angefochtenen Bescheides findet sich keine Auseinandersetzung mit den entscheidungsrelevanten Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach die im StVG mit dem StrafrechtsänderungsG 2008 hinsichtlich gerichtlich verhängter Freiheitsstrafen geschaffene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen anstelle des Vollzuges gemeinnützige Leistungen zu erbringen, auch im Finanzstrafverfahren vor den Spruchsenaten offen stehe.

Ein näheres Eingehen auf diese wesentliche Frage wäre jedoch erforderlich gewesen, weil die Vorschrift des §175 FinStrG nach der jüngsten Rechtsprechung des VfGH dahin verfassungskonform zu interpretieren ist, dass die auf Abwendung einer (Ersatz )Freiheitsstrafe durch gemeinnützige Leistungen bezogenen Regelungen des §3 und §3a StVG im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren grundsätzlich anwendbar sind (vgl das - wenngleich erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangene - E v 10.10.12, B1070/11).

Dadurch, dass die belangte Behörde von der unzutreffenden Prämisse ausgegangen ist, dass die in Rede stehenden Bestimmungen des StVG im Verfahren vor der Finanzstrafbehörde von vornherein nicht maßgeblich sein können, hat sie das Beschwerdevorbringen in grober Verkennung der Rechtslage in einem entscheidenden Punkt unberücksichtigt gelassen, weshalb ihr in die Verfassungssphäre reichende (objektive) Willkür anzulasten ist.

(Erst) in der Gegenschrift angestellte Überlegungen haben außer Betracht zu bleiben, weil nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH die Begründung eines Bescheides aus diesem selbst hervorgehen muss und durch die Gegenschrift im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden kann.

Da der Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.10.11 betreffend die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Ergebnis aus denselben Gründen der Erfolg versagt wurde, ist der (als Einheit anzusehende) Bescheid zur Gänze aufzuheben.

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