Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 8. Juli 2025, GZ **-59.2, nach der am 9. Oktober 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Aichinger, im Beisein der Richterin Mag. Staribacher und des Richters Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin HR Mag. Riener, der Angeklagten A* B* und ihres Verteidigers Mag. Philipp Winkler durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde die am ** geborene österreichische Staatsbürgerin A* B* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle – unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung – zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat sie am 21. November 2024 in ** ihre am ** geborene Tochter C* B* dadurch, dass sie sie in eine Papier-Tragetasche und einen Plastik-Müllsack steckte, sie kurzzeitig würgte, anschließend den Müllsack verknotete und diesen dreimal mit Wucht gegen den Asphaltboden schleuderte, wodurch C* B* ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitt, vorsätzlich getötet.
Bei der Strafzumessung wertete das Kollegialgericht „die Tatsache, dass es sich um das eigene Kind handelt und sie als erwachsene Person ein minderjähriges Kind (Baby) getötet hat, die besondere Wehr- und Hilflosigkeit des Opfers“ und „die brutale Vorgehensweise“ erschwerend, mildernd hingegen das Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel und die „psychische Belastung“.
Nach Zurückweisung der von der Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 9. September 2025, GZ 11 Os 98/25h-4, ist nunmehr über ihre Berufung (ON 63) zu entscheiden.
Dieser kommt keine Berechtigung zu.
Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters, wobei das Gericht die Erschwerungs und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen hat. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Im Allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können. Belange der Generalprävention sind bei der auszumessenden Strafe ebenso zu berücksichtigen (Leukauf/Steininger /Tipold, StGB 5 § 32 Rz 9; Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 32 Rz 7).
Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe – der Ansicht der Angeklagten zuwider – grundsätzlich vollständig erfasst und auch zutreffend gewichtet, wobei aufgrund der zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsenen Verurteilung durch das Bezirksgericht Szegedi (Ungarn) vom 14. Oktober 2024, AZ **, nunmehr zusätzlich die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens zu ihrem Nachteil wirkt (RIS-Justiz RS0119271; 13 Os 114/19t).
Wenn die Angeklagte in ihrer schriftlichen Berufungsausführung zunächst ein Überwiegen der Milderungsgründe behauptet und dazu unter anderem ins Treffen führt, sie habe „die Polizeibeamten zum Leichnam“ ihrer „Tochter geführt“, ist ihr zu entgegnen, dass dies nicht der Aktenlage entspricht (vgl vielmehr zur Auffindung des Leichnams im Rahmen einer „große[n] Suchaktion“ ON 5.28).
Auch das Berufungsvorbringen, „aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D*“ gehe „hervor, dass […] keine Wiederholungsgefahr“ bestehe, ist unzutreffend (ON 34.2 S 42: „Das statistisch-nomothetische Risiko für einen Rückfall in die Delinquenz ist gering bis moderat“). Davon abgesehen würde dies – selbst bei Zutreffen – keinen Milderungsgrund darstellen ( Mayerhofer,StGB 6§ 32 E 3e und RIS-Justiz RS0090619).
Die von der Angeklagten weiters hervorgestrichene „Verminderung der Zurechnungsfähigkeit“ (vgl demgegenüber ON 59.1.1 S 35: „voll zurechnungsfähig“) wurde durch das Erstgericht in Form einer „psychische[n] Belastung“ ohnehin zu ihren Gunsten ins Kalkül gezogen.
Mit ihren, ein Nichtvorliegen des Erschwerungsgrundes des § 33 Abs 2 Z 5 StGB („brutale Vorgehensweise“) behauptenden Berufungsausführungen, wonach „jeder Tat nach § 75 StGB eine Brutalität inne[wohne]“, ist sie hinwieder auf die diesbezüglichen Ausführungen des Obersten Gerichtshofs (ON 68.4 Rz 4) zu verweisen. Im Übrigen stellt das dreimalige wuchtige Schleudern eines (in einem Müllsack befindlichen) Säuglings gegen den Asphaltboden nach vorherigem Würgen zweifellos (auch bei einem Mord) ein außergewöhnlich hohes Ausmaß an Gewalt dar.
Warum ausgehend von der dargestellten Strafzumessungslage „die Milderungsgründe dem Erschwerungsgrund […] bei Weitem“ überwiegen sollten, erklärt die Berufungswerberin – die weitestgehend ohne inhaltliche Argumentation das Vorliegen bloß eines Erschwerungsgrundes behauptet – schließlich nicht nachvollziehbar.
Bei objektiver Abwägung der zum Nachteil der Angeklagten korrigierten Strafzumessungslage und allgemeiner Strafzumessungserwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB erweist sich die bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe ausgemessene Sanktion einer 20-jährigen Freiheitsstrafe als (gerade noch) schuld- und tatangemessen sowie dem sozialen Störwert, der Rechtsgutsbeeinträchtigung und (im Hinblick auf den besonderen Wert des hier verletzten Rechtsguts, nämlich des Lebens eines Menschen [RIS-Justiz RS0090600 {T6}], vor allem zu berücksichtigenden) generalpräventiven Aspekten entsprechend und damit nicht korrekturbedürftig, weshalb der Berufung ein Erfolg zu versagen war.
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