JudikaturOLG Wien

19Bs158/25m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
18. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Baumgartner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Wilder und Mag. Körber als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 10. Juni 2025, GZ **-59.1, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 31. Jänner 2025 (ON 42.3) wurde A* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 15 StGB sowie des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Noch bevor ihm die Aufforderung zum Strafantritt zugestellt wurde (vgl ON 51.1, Punkt 8), beantragte er die Gewährung von Strafaufschub infolge Vollzugsuntauglichkeit wegen Beschwerden im Zusammenhang mit der Wirbelsäule, dem Beckenbereich und der Prostata sowie wegen einer koronaren Herzkrankheit, Bluthochdruck und erhöhten Cholesterinwerten (ON 45).

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 59.1) wies das Erstgericht dieses Begehren gestützt auf die eingeholten Gutachten aus den Fachbereichen der Orthopädie und Traumatologie (ON 54.1), der Urologie (ON 56.3) sowie der inneren Medizin (ON 55.1) ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Verurteilten (ON 60), welche nicht berechtigt ist.

Die Erstrichterin stellte im angefochtenen Beschluss den bisherigen Verfahrensgang sowie die eingeholten medizinischen Gutachten korrekt dar, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen darauf verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0119090 [T4]).

Die Beurteilung der Vollzugstauglichkeit stellt eine vom Gericht zumeist auf Basis eines einzuholenden Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen zu lösende Rechtsfrage dar. Trifft der Sachverständige eine solche Äußerung, ist diese nicht Bestandteil des Gutachtens im technischen Sinn, sondern ist diese als „Rat“ oder „Empfehlung“ für die Strafverfolgungsorgane aufzufassen ( Hinterhofer in Fuchs/Ratz, WK StPO § 127 Rz 23).

Ein Gutachten ist mangelhaft, wenn es widersprüchlich, unschlüssig, unklar oder unbegründet ist bzw die vom Sachverständigen vertretene Auffassung mit den gesicherten Erkenntnissen der Wissenschaft nicht übereinstimmt bzw der Gutachter bei der Gutachtenserstellung nicht lege artis agierte. Keinen Mangel begründet der Umstand, dass neben der vom Sachverständigen logisch konkret gezogenen Schlussfolgerung auch noch andere Schlüsse im Bereich des Möglichen liegen oder in Überschreitung der Kompetenzen eine rechtliche Beurteilung vorgenommen wurde ( Hinterhofer in Fuchs/Ratz, WK StPO § 127 Rz 40 ff).

Unter Zugrundelegung der schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Sachverständigen Dr. B*, Facharzt für Unfallchirurgie (ON 54.1), Prim. Dr. C*, MBA, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und interne Intensivmedizin (ON 55.1), sowie Med.Rat Prof. Dr. D*, Facharzt für Urologie/Andrologie (ON 56.3), ist in Übereinstimmung mit dem Erstgericht Vollzugstauglichkeit des A* anzunehmen.

Der Beschwerde gelingt es nicht dieses Kalkül zu erschüttern. Wenn A* die medizinischen Gutachten im Ergebnis als mangelhaft erachtet, verkennt er, dass die - in der Gerichtssachverständigenliste in die entsprechenden Fachgebiete eingetragenen - Sachverständigen jeweils unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde sowie eigener Untersuchungen des Genannten zu ihren Schlussfolgerungen - auf deren Basis der Verurteilte als vollzugstauglich einzustufen ist - kamen und diese schlüssig sowie nachvollziehbar begründeten. Die vom Rechtsmittelwerber behauptete Verschlechterung seines Gesundheitszustands konnte er selbst über Aufforderung des Beschwerdegerichts nicht einmal ansatzweise innerhalb angemessener Fristbelegen (vgl dessen Schreiben vom 3. Juli 2025).

Da eine Widersprüchlichkeit oder sonstige Mangelhaftigkeit der einleuchtend und in sich widerspruchslos begründeten Sachverständigenexpertisen im Sinne des § 127 Abs 3 StPO nicht zu ersehen ist, begegnen diese und dementsprechend die daraus abzuleitende Folge der Vollzugs-tauglichkeit des A* keine Bedenken.

Es ist daher der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.