JudikaturOLG Wien

18Bs176/25a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterinnen Mag. Heindl als Vorsitzende sowie Mag. Lehr und Mag. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Korneuburg gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 17. Juni 2025, GZ **-12, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folgegegeben und die bedingte Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG abgewiesen .

Text

B e g r ü n d u n g :

Der am ** in **/Serbien geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. August 2024, AZ **, wegen § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG und anderer Delikte verhängte Freiheitsstrafe von 30 Monaten.

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 6. November 2026, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen ab 6. August 2025, jene nach § 152 Abs 1 Z 2 StVG liegen ab 6. Jänner 2026 vor.

Mit der angefochtenen Entscheidungen bewilligte das Vollzugsgericht die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit. Begründend wurde herausgestrichen, es handle sich um die erste Verurteilung, der Verurteilte sei geständig und reuig gewesen, seine Führung sei sehr gut, die Verurteilung liege „ im unteren Schwerebereich “, da es sich lediglich um mindergefährliches Cannabis handle, und der Verurteilte habe sich bei der Anhörung bereit erklärt, Österreich umgehend zu verlassen und nicht zurückzukommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Korneuburg (ON 10), die unter Hinweis auf die Judikatur des Oberlandesgerichts Wien insbesondere dagegen argumentiert, dass es sich bei Cannabis um „ ein minderschweres Suchtgift “ handelt, wobei die Taten vorliegend im Rahmen einer kriminellen Vereinigung verübt worden seien und es sich um mehr als 21 Kilogramm gehandelt habe, weshalb generalpräventive Erwägungen einer Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt entgegenstünden.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist berechtigt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch eine während des Vollzuges begonnene freiwillige Behandlung im Sinne des § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB - nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe soll demnach nach der erkennbaren Intention des StRÄG 2008 auf Fälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben, wobei die spezialpräventiv geprägte Annahme nicht geringerer Wirksamkeit der bedingten Entlassung maßgebliches Entscheidungskriterium ist (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 § 46 Rz 14 ff).

Wie die Beschwerdeführerin zutreffend herausstreicht, stehen den positiven Aspekten (Erstverurteilung; Verantwortungsübernahme; ausgezeichnete Führung) gewichtige generalpräventive Bedenken unüberwindlich entgegen. Denn abgesehen von der zutreffend zitierten Judikatur (vgl. auch RIS-Justiz RS0102874) handelt es sich fallbezogen angesichts der Menge, der Tatmodalitäten und vor allem des Umstandes der Verwirklichung im Rahmen einer professionell agierenden kriminellen Vereinigung keinesfalls um ein Suchtmitteldelikt im unteren Schwerbereich, weshalb tatsächlich gewichtige generalpräventive Bedenken gegen eine bedingte Entlassung zum Hälftestichtag sprechen.

Der Beschwerde ist daher Folge zu geben.