JudikaturOLG Wien

20Bs191/25x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Frigo und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A*wegen § 5 Abs 1 StVG über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 20. Juni 2025, GZ ** 26, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 17. Mai 2025, AZ ** wurde A* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.

Mit Antrag vom 4. Juni 2025 (ON 21) begehrt die Verurteilte Haftaufschub aus gesundheitlichen Gründen, weil sie unter einer chronischen Lungenerkrankung leide, ihr Gesundheitszustand aktuell labil sei und eine Inhaftierung eine erhebliche Gefährdung ihrer Gesundheit darstellen würde. Weiters sei ihr eine stationäre Rehabilitation dringend angeraten worden.

Nach aufgetragener Vorlage ärztlicher Unterlagen wies das Erstgericht mit dem bekämpften Beschluss den gemäß § 5 StVG gestellten Antrag auf Haftaufschub ab (ON 26).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der A* (ON 29), der keine Berechtigung zukommt.

Die Einleitung des Strafvollzugs ist, falls ein dem Wesen der Freiheitsstrafe (§ 20 StVG) entsprechender Strafvollzug wegen einer Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustands auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Strafvollzugsortsänderung (§ 10 StVG) mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen nicht durchführbar ist oder im Hinblick auf einer dieser Zustände das Leben des Verurteilten durch die Überstellung in die betreffende Anstalt gefährdet wäre, gemäß § 5 Abs 1 StVG so lange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat.

Der Zweck des Strafvollzugs besteht darin, den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung zu verhelfen, ihn abzuhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen, und den Unwert des der Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens aufzuzeigen. Dazu ist der Strafgefangene von der Außenwelt abzuschließen und erzieherisch zu beeinflussen (§ 20 Abs 1 und Abs 2 StVG). Dieses Ziel lässt sich durch wenigstens leichte Arbeiten sowie gezielte Betreuungsmaßnahmen (§ 56 StVG) erreichen. Ist die Durchführbarkeit eines dem Wesen der Freiheitsstrafe in diesem Sinn entsprechenden Strafvollzugs wegen Krankheit, Verletzung, Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustands in keiner Vollzugsanstalt durchführbar oder sieht sich das Bundesministerium für Justiz zu einer unumgänglich notwendigen Strafvollzugsortsänderung nicht in der Lage, ist die Einleitung des Strafvollzugs so lange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat. Dies gilt auch, wenn im Hinblick auf einen dieser Zustände das Leben des Verurteilten durch die Überstellung in die in Betracht kommende Anstalt gefährdet wäre (Pieber in WK² StVG § 5 Rz 1 ff).

Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass dem Beschwerdevorbringen zuwider die von der Verurteilten vorgelegten medizinischen Unterlagen keine ausreichende Basis für eine anzunehmende Haftuntauglichkeit bilden. Das gilt für die Überweisung an einen Facharzt für Innere Medizin (ON 25.2) genauso wie für einen Terminszettel der ** (ON 25.3), für den Antrag auf RehaAufenthalt vom 17. Juni 2025 (selbst unter Berücksichtigung der dort genannten Diagnose bzw. Befunde) sowie letztlich für einen Terminzettel des Dr. B* (ON 25.5). Ungeachtet der zitierten Unterlagen ist davon auszugehen, dass der aktuelle körperliche und geistige Zustand der Verurteilten ausreicht, um sie im Strafvollzug erzieherisch zu beeinflussen. Auch ist davon auszugehen, dass während eines gesetzmäßigen Strafvollzugs die Vollzugsbehörden für ausreichende ärztliche Betreuung vorsorgen (§ 66 ff StVG), wobei der allgemeine medizinische Fortschritt auch im Vollzug eine ständige Verbesserung und Erweiterung der medizinischen Versorgung mit sich bringt, die auch Strafgefangenen mit psychischen und physischen Besonderheiten zugute kommt.

Keine der vorgelegten Unterlagen ließe den Schluss zu, die von der Verurteilten angegebenen körperlichen und psychischen Beschwerden könnten nicht in der Justizanstalt einer lege artis entsprechenden Behandlung zugeführt werden.

Der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.