21Bs229/25t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 27. Mai 2025, GZ ** 13, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** in B* geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt - nach Verlegung von der Justizanstalt B* am 10. Dezember 2024 - derzeit in der Justizanstalt C* die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz zu AZ **, rechtskräftig seit 22. November 2024, wegen strafbarer Handlungen vor Vollendung des 21. Lebensjahres nach §§ 15, 84 Abs 4; 107 Abs 1; 83 Abs 1; 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1; 15, 109 Abs 3 Z 1; 125 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten.
Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 6. Mai 2026, die zeitlichen Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach der Hälfte der Strafzeit werden am 6. August 2025, jene nach zwei Dritteln der Strafzeit am 6. November 2025 vorliegen.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht ohne A* gemäß § 152a StVG angehört zu haben (RIS Justiz RS0131225) die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Halbstrafe in Übereinstimmung mit den aufgrund seines getrübten Vorlebens ablehnenden Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau (ON 1.2) und der Leiterin der Justizanstalt C* (ON 3) aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Zustellung des Beschlusses erhobene (ON 14), unausgeführt gebliebene Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 19 Abs 2 JGG einem wegen als junger Erwachsener begangenen Straftat Verurteilten der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen ist, wenn er die Hälfte der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, mindestens jedoch einen Monat, verbüßt hat, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, insbesondere der Art der Tat, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist auch darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropper, WK² StGB § 46 Rz 15/1). Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Wirkung der Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird und dieser somit zumindest gleiche Wirksamkeit zugebilligt werden kann, ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass fallkonkret gravierende spezialpräventive Bedenken einer bedingten Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt entgegenstehen:
A* weist neben der zu vollziehenden Freiheitsstrafe seit dem Jahr 2021 drei weitere einschlägige Vorstrafen überwiegend wegen Vermögens und Körperverletzungsdelikten auf. Seine Strafregisterauskunft zeigt sohin deutlich nicht nur die regelmäßige Abfolge von Verurteilungen, sondern auch die Unbeeindruckbarkeit des Strafgefangenen vor staatlichen Reaktionen auf, der die ihm gewährten Resozialisierungschancen in Form von bedingten Strafnachsichten und bedingter Entlassung sowie der Verlängerung der Probezeiten auf fünf Jahre unter Beigebung von Bewährungshilfe nicht zu nutzen wusste (vgl. ON 5).
Die Wirkungslosigkeit der gebotenen Resozialisierungshilfen und der bereits erfolgten Konfrontation mit dem Haftübel spricht sohin gegen die Annahme, dass der Strafgefangene nunmehr durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Haft von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werden könnte.
Auch die Meldung von sechs Ordnungsstrafverfahren, zuletzt am 22. März 2025 (ON 7 und ON 8), dokumentiert anschaulich, dass sich der Beschwerdeführer nicht einmal in Strafhaft darauf verstand, sich ordnungsgemäß zu führen, und die bisher in Strafhaft zugebrachte Zeit nicht ausgereicht hat, um den Delinquenten das Unrecht seiner Taten vor Augen zu führen und verhaltenssteuernde Wirkung in Richtung eines deliktsfreien Lebenswandels zu entfalten.
Die bloße Wohnmöglichkeit des Strafgefangenen bei seiner Mutter und der nicht bescheinigte Arbeitsplatz bei der Baufirma D* KG in B* sind nicht geeignet, der bedingten Entlassung zumindest gleiche Wirksamkeit wie dem weiteren Vollzug attestieren zu können.
Vor dem Hintergrund dieser individual präventiv negativ geprägten Zukunftsprognose ist auch nicht ersichtlich, mit welchen Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB diesem negativen Kalkül wirksam begegnet werden könnte.
Wenngleich der Rechtsmittelsenat nicht unberücksichtigt lassen will, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene notorisch in einem ständigen Entwicklungsprozess befinden und sie daher nicht ausschließlich an früheren Verfehlungen zu messen sind, und erste Anzeichen positiver Entwicklung Beachtung finden sollen, so wäre es im vorliegenden Fall angesichts einer aus den Taten hervorgehenden gewissen Verfestigung krimineller Energie verfrüht, bereits von einer in Gang gesetzten Verhaltensänderung auszugehen.
All dies spricht jedoch gegen die in § 46 Abs 1 StGB für die bedingte Entlassung geforderte Annahme, der Strafgefangene würde durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten.
Der bekämpfte Beschluss entspricht sohin der Sach und Rechtslage, weshalb der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen ist.