31Bs157/25b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 2. Juni 2025, GZ ** 11.1, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** zwei wegen §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1; 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB; und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (nach deutschem Recht §§ 1 I, 3 I Nr 1, 29a I Nr 2 BtMG, § 52 StGB) verhängte Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von fünf Jahren und drei Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 2. Mai 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 17. September 2023 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 2. August 2024 (ON 4, ON 5 und ON 10).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die sogleich nach Bekanntmachung des Beschlusses erhobene Beschwerde des Strafgefangenen (ON 11, 3), die nicht berechtigt ist.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Zwar trifft es zu, dass die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), doch ist dem Erstgericht beizupflichten, dass im vorliegenden Fall gravierende spezialpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausschließen.
Der Strafgefangene weist abgesehen von den nunmehr vollzugsgegenständlichen Entscheidungen unter Berücksichtigung einer Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB drei einschlägige Vorstrafen auf. Dabei wurde er zunächst 2006 innerhalb von sieben Monaten zu jeweils bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen von einem Jahr bzw sechs Monaten verurteilt, wobei die bedingten Strafnachsichten anlässlich der dritten Verurteilung im August 2009, mit der er zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, widerrufen wurden. Aus dem Vollzug dieses Strafblocks wurde er im März 2011 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung von Bewährungshilfe bedingt entlassen. Noch während der Probezeit wurde er neuerlich einschlägig delinquent und setzte die in Österreich zur Aburteilung gelangten vollzugsgegenständlichen Taten, für die er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde (Punkt 5. der Strafregisterauskunft ON 5; ON 9). Aus dem dieser Verurteilung folgenden Strafvollzug flüchtete er am 24. Mai 2015 und setzte im Jänner 2016 die in Deutschland verfolgte Straftat, für die er zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt wurde (ON 10). Nach der Übergabe zur Strafvollstreckung im August 2017 war der Strafgefangenen von Oktober 2018 bis Februar 2025 neuerlich flüchtig.
Zum sozialen Empfangsraum nach der Haftentlassung erfolgten durch den Strafgefangenen nur unbescheinigte Angaben zu seinem zukünftigen Wohnort und überdies nur vage Angaben zu seinem Arbeitsplatz (ON 3).
Die völlige Unbeeindrucktheit vom bisher verspürten Haftübel, die durch zwei Ordnungswidrigkeiten getrübte Führung (Flucht) sowie die offenkundige Wirkungslosigkeit der bereits gewährten bedingten Entlassung spricht beim Strafgefangenen gegen eine für eine bedingte Entlassung aber unbedingt erforderliche positive Verhaltensprognose. Daran können auch die behauptete Wohn- und Arbeitsmöglichkeit und das ab Oktober 2018 mehrjährige Wohlverhalten – allerdings auf der Flucht - nichts ändern. Eine bedingte Entlassung ist daher aufgrund der evident verfestigten kriminellen Neigung und der dafür ursächlichen Persönlichkeitsdefizite in spezialpräventiver Hinsicht außerhalb jeglicher Reichweite. Auch unterstützende Maßnahme nach §§ 50 bis 52 StGB sind im Hinblick auf die aufgezeigten erheblichen spezialpräventiven Bedenken, weil die anlässlich seiner bedingten Entlassung 2011 angeordnete Bewährungshilfe keine nachhaltige Verhaltensänderung bewirken konnte, keineswegs ausreichend.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.