32Bs68/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht vom 11. Februar 2025, GZ **, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung:
Text
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde des A* gegen das Straferkenntnis des Leiters des forensisch-therapeutischen Zentrums (FTZ) B* vom 7. November 2024, ** (ON 10 S 9ff), mit welchem der Genannte der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs 1 Z 10 iVm § 26 Abs 1 StVG schuldig erkannt und über ihn gemäß §§ 109 Z 4, 113 StVG die Ordnungsstrafe der Geldbuße in Höhe von 20 Euro verhängt worden war, weil er am 13. Oktober 2024 bei der morgendlichen Standeskontrolle der mehrmaligen – durch Insp. C* erfolgten - Aufforderung von seinem Bett aufzustehen, nicht nachgekommen war, nicht Folge und bestimmte den vom Beschwerdeführer zu leistenden Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 17 Abs 2 Z 2 StVG iVm § 52 Abs 2 VwGVG mit 4 Euro.
Das Vollzugsgericht ging – soweit hier relevant – von folgendem wörtlich wiedergegebenen Sachverhalt aus:
Gemäß § 4 Abs 1 des allgemeinen Teils der Hausordnung des FTZ B* haben sich die Insassen zur Standeskontrolle sowie beim Antreten vor dem Aus- und Einrücken (Betriebe, Aufenthalt im Freien, Veranstaltungen, Essensausgabe, etc.) in übersichtlicher Form aufzustellen (Stellungnahme des Anstaltsleiters, AS 3 in ON 10).
Am 13.10.2024 versah der Strafvollzugsbedienstete Insp C* seinen Dienst in der Abteilung **. Im Zuge der morgendlichen Standeskontrolle um 07:10 Uhr forderte er den Beschwerdeführer mehrfach auf, aus dem Bett aufzustehen. Der Beschwerdeführer befolgte diese Anordnung nicht (Meldung vom 13.10.2024, AS 4 in ON 10). Dabei wusste er, dass er dadurch einer – weder strafgesetzwidrigen noch die Menschenwürde verletzenden – ausdrücklichen Verhaltensaufforderung eines Beamten, nämlich der aufzustehen, zuwider handelte. Dass der Beschwerdeführer am 13.10.2024 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, der Aufforderung aufzustehen Folge zu leisten, kann nicht festgestellt werden.
Beweiswürdigend stützte sich das Erstgericht auf die bei den Feststellungen in Klammern angeführten unbedenklichen Beweismittel und führte dazu aus, dass der Beschwerdeführer weder in der Beschuldigtenvernehmung vom 28. Oktober 2024 noch in der Beschwerde bestritten habe, der Anordnung von Insp. C* zur morgendlichen Standeskontrolle aus dem Bett aufzustehen, nicht nachgekommen zu sein. Vielmehr habe er auf seine in weiteren Ordnungsstrafverfahren wegen desselben Verhaltens angeführten Begründungen, womit er offenbar seine - in der Beschwerde erwähnten - „veränderten Schlafgewohnheiten“ anspreche, verwiesen. Dass der Beschwerdeführer der Anordnung des Beamten wissentlich nicht Folge geleistet habe, war schon aus dem äußeren Geschehensablauf, nämlich dem Liegenbleiben trotz mehrfacher Aufforderung des Strafvollzugsbediensteten aufzustehen, zu schließen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Schlafgewohnheiten würden in diesem Zusammenhang untermauern, dass er entgegen der Anordnung lieber liegen bleiben und weiterschlafen habe wollen. Dass er die mehrfachen Aufforderungen (etwa im Schlaf) nicht gehört hätte, habe der Beschwerdeführer gar nicht behauptet. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, wonach die zahllosen Angriffe und Übergriffe der letzten vier Jahre mit „Behandlungs-, Therapieprogrammen, physischen Verbindungen“ bei ihm zu massiven Schäden und somit zu den veränderten Schlafgewohnheiten geführt hätten, gesundheitliche Beeinträchtigungen anspreche, lägen jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es ihm am 13. Oktober 2024 aus gesundheitlichen Gründen unmöglich gewesen sei, der Anordnung aufzustehen Folge zu leisten. Denn grundsätzlich sei es auch einem Menschen mit der Gewohnheit, morgens lange zu schlafen, möglich, aufzustehen, wenn er geweckt werde. Auch Anhaltspunkte dafür, dass A* die Anordnung aufzustehen als strafgesetzwidrig oder die Menschenwürde verletzend angesehen haben könnte/sollte, würden nicht vorliegen (und wären auch nicht nachvollziehbar).
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass gemäß § 26 Abs 1 StVG die Strafgefangenen den Anordnungen der im Strafvollzug tätigen Personen Folge zu leisten hätten. Sie dürften die Befolgung von Anordnungen nur ablehnen, wenn die Anordnung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoße oder die Befolgung dagegen verstoßen oder offensichtlich die Menschenwürde verletzen würde.
Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 StVG stelle eine Ordnungswidrigkeit iSd § 107 Abs 1 Z 10 StVG dar. Dementsprechend habe der Anstaltsleiter das § 26 Abs 1 StVG entgegenstehende vorsätzliche Verhalten des Beschwerdeführers, der für sich auch keinen Ablehnungsgrund iSd § 26 Abs 1 2. Satz StVG in Anspruch nehmen könne, zu Recht dem genannten Ordnungswidrigkeits tatbestand unterstellt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liege ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung nicht vor, weil die gegen ihn wegen „desselben Verhaltens“ (Nichtaufstehen zur morgendlichen Standeskontrolle) ergangenen Ordnungsstraferkenntnisse jeweils unterschiedliche Tathandlungen zum Inhalt gehabt hätten (vgl AZ ** - Nichtaufstehen am 19. September 2024; ** - Nichtaufstehen am 17. Oktober 2024).
Zur Strafbemessung führte das Erstgericht weiters aus, dass der Beschwerdeführer seine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder zumindest gleichgültige Einstellung deutlich zum Ausdruck gebracht habe, weshalb jedenfalls von einem beträchtlichen Schuldgehalt auszugehen sei, sodass aufgrund der aufgezeigten Umstände auch der Sanktionsausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses keinen Bedenken begegne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Untergebrachten (ON 22), die sich – soweit inhaltlich fassbar - auf ausschweifende, den Maßnahmenvollzug im allgemeinen sowie seine konkrete Situation im besonderen kritisierende Ausführungen ohne jegliche Bezugnahme zum erstgerichtlichen Beschluss oder dem diesem zugrunde liegenden Straferkenntnis beschränkt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Hat das Vollzugsgericht nach § 16 Abs 3 StVG Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt, darf das Oberlandesgericht Wien den Beschluss weder aufheben noch – um das Ermessen anders auszuüben – abändern.
Mit Blick auf die vom Erstgericht zutreffend dargestellte Sach- und Rechtslage vermag der Beschwerdeführer einen Mangel in der bekämpften Entscheidung nicht aufzuzeigen.
Die Feststellungen des Erstgerichts, das aus den vorliegenden Beweisergebnissen lebensnahe und nachvollziehbare Schlussfolgerungen gezogen hat, sind ebensowenig zu beanstanden wie die Höhe der Strafe. Auch den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Erstgericht zutreffend auf § 17 Abs 2 Z 2 StVG iVm § 52 VwGVG gestützt.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
R echtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.