30Bs106/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 27. März 2025, GZ ** 32, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* (vormals B*) verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** vier Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von fünf Jahren und einem Monat, und zwar;
- die mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 1. Juni 2021, AZ ** (ON 15), rechtskräftig am 9. September 2021 durch Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz, AZ ** (ON 17), wegen §§ 15, 269 Abs 1 StGB und 15, 84 Abs 2 verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren,
- den aufgrund Widerrufsbeschlusses des Landesgerichts Salzburg vom 10. Jänner 2022, AZ D*, (ON 19), rechtskräftig durch Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz vom 18. Februar 2022, AZ **, (ON 20), betreffend den zunächst bedingt nachgesehenen Strafteil von zehn Monaten, der mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 30. April 2009, rechtskräftig am 5. Mai 2009, zu AZ D* (ON 13), wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB ursprünglich gewährt worden war,
- die mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. Dezember 2021, rechtskräftig am 12. April 2022, AZ **, wegen § 3g VerbotsG verhängte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten (ON 16) und
- die mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 1. April 2022, rechtskräftig am 4. Mai 2022, AZ **, wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3 und Abs 2 Z 1, 130 Abs 2, 15 StGB; 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und dritter Fall, Abs 2 SMG und 107 Abs 1 und Abs 2 fünfter Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten (ON 14).
Das errechnete Strafende fällt auf den 3. April 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 18. September 2023 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit 23. Juli 2024.
Nach Ablehnung der bedingten Entlassung zum Zwei Drittel Stichtag mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 15. Mai 2024, AZ **, beantragte der Strafgefangene neuerlich seine vorzeitige Entlassung.
Der darüber ergangene Beschluss des Erstgerichts (ON 21) wurde durch Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Februar 2025, AZ **, (ON 25) aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung in Form der Durchführung einer Fallkonferenz aufgetragen.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 32) lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* nach Durchführung einer Fallkonferenz und Anhörung des Strafgefangenen ab und stützte sich begründend insbesondere auf das einschlägig getrübte Vorleben und das nicht ordnungsgemäße Führungsverhalten des Strafgefangenen.
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Beschlussverkündung und damit rechtzeitig angemeldete (ON 31.2) und in der Folge fristgerecht schriftlich zur Ausführung gebrachte Beschwerde (ON 33) des A*.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm nach § 46 Abs 1 StGB der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Nach Abs 2 leg cit ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzuges begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderungen der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Die Anwendung des Rechtsinstituts der bedingten Entlassung soll nach erkennbarer Intention des Gesetzgebers der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe hingegen auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben.
Dem vollzugsgegenständlichen Urteil und der - unter Berücksichtigung der §§ 31, 40 StGB 21 Verurteilungen aufweisenden - Strafregisterauskunft (ON 8) ist zu entnehmen, dass A* schon vor den dem Vollzug zugrundeliegenden Verurteilungen bereits zahlreiche einschlägige Vorstrafen aufwies. In der Vergangenheit wurden dem Strafgefangenen bereits mehrfach die Rechtswohltaten der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung gewährt sowie teilweise Bewährungshilfe angeordnet, zudem verspürte er bereits mehrfach und teils langdauernd das Haftübel.
Daraus ergibt sich, dass es sich bei A* um einen besonders beharrlichen Rückfallstäter handelt, den alle bisher gesetzten Maßnahmen nicht nachhaltig davon abzuhalten vermochten, neuerlich einschlägig zu delinquieren und ihn zu einem rechtstreuen Verhalten zu bewegen.
Zum Führungsverhalten des Strafgefangenen ist festzuhalten, dass überdies bereits vier Ordnungsstrafen über ihn verhängt werden mussten (ON 7.1), zuletzt in Form eines strengen Hausarrests in der Dauer von drei Wochen mit Entzug der Arbeit und Beschränkung der künstlichen Beleuchtung am 12. August 2024, weil A* versuchte, nach einem Ausgang vier Stück Bodypacks unbekannten Inhalts (gemäß ON 30 keine nach dem SMG verbotenen Substanzen) in die Justizanstalt zu schmuggeln (ON 9). Dem Beschwerdeführer gelang es somit nicht einmal im kontrollierten Rahmen des Vollzugs, sich auch nur annähernd regelkonform zu verhalten.
Dass sich aus der Stellungnahme der C* im Straf- und Maßnahmenvollzug (ON 27.3) ein niedriges Risiko für extremistische Gewalt ergibt, vermag die insgesamt negative Prognose nicht maßgeblich zu beeinflussen, zumal deren Vertreterin bei der Fallkonferenz zutreffend darauf hinwies, dass die Hauptprobleme des Strafgefangenen nicht im extremistischen Bereich, sondern vor allem in der Gewalt- und Suchtgiftdelinquenz liegen (ON 29, 2). Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) sprach sich in ihrer Stellungnahme (ON 28) insbesondere unter Hinweis darauf, dass es sich bei A* um einen Wiederholungstäter handle, gegen eine bedingte Entlassung aus.
Diesem negativen Kalkül hat der Strafgefangene mit seiner Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen, zumal er darin lediglich unsubstantiiert sein getrübtes Führungsverhalten in Frage stellt, die Hausordnung als „Regeln, die sehr fragwürdig“ seien, bezeichnet und darum ersucht, seine Vergangenheit nicht mehr zu thematisieren.
Zusammenfassend ergibt sich schon aus dem massiv getrübten Vorleben in Verbindung mit der gänzlichen Wirkungslosigkeit sämtlicher bisher erfahrenen Sanktionen und Rechtswohltaten, dass die für eine bedingte Entlassung geforderte Annahme, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung auch unter Berücksichtigung begleitender Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werde, derzeit nicht gerechtfertigt ist und vielmehr von einem evidenten Rückfallsrisiko auszugehen ist.
Der Beschwerde gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss war daher ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).