JudikaturOLG Wien

19Bs64/25p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Baumgartner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Wilder und Mag. Körber als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen §§ 15, 84 Abs 4 StGB über die Beschwerde der Zeugin B* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. September 2024, GZ **-17 nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In dem gegen A* wegen §§ 15, 84 Abs 4 StGB geführten Verfahren beraumte der Erstrichter am 1. Juli 2024 die Hauptverhandlung für den 5. September 2024 an und verfügte unter anderem die Zustellung einer Ladung an die Zeugin B* (ON 4), welche durch die eigenen Angaben der Zeugin nachgewiesen ist (siehe ON 11.2; vgl auch die Beschwerdeausführungen ON 59).

Da die Zeugin unentschuldigt nicht zur Hauptverhandlung kam, verhängte der Erstrichter über sie gemäß § 242 Abs 3 StPO eine Ordnungsstrafe in Höhe von 150 Euro (ON 17). Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde der Zeugin am 4. März 2025 zustellt (Zustellnachweis zu ON 1.18).

Gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der B* mit der Behauptung, sie sei vom Angeklagten informiert worden, dass die Hauptverhandlung vertagt werde. Nachdem ihr dies seltsam vorgekommen sei, habe sie beim Verteidiger des Angeklagten nachgefragt, der ihr jedoch eine telefonische Auskunft verweigert habe. So sei es passiert, dass sie die Hauptverhandlung versäumt habe. Sie beziehe lediglich Notstandshilfe in Höhe von 31,50 Euro pro Tag, wovon ihr nach Abzug aller Fixkosten lediglich ein Betrag von 400 Euro monatlich verbleibe (ON 59).

Der Einzelrichter legte die Beschwerde dem Oberlandesgericht vor und stellte damit klar, dass er eine Prüfung gemäß § 243 Abs 2 StPO vorgenommen und keinen Grund für eine Nachsicht oder Milderung gesehen hat ( Danek/Mann in Fuchs/Ratz, WK StPO § 243 Rz 9).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Gemäß § 242 Abs 2 StPO ist über einen (ungerechtfertigt) ausbleibenden Zeugen (zwingend) eine Geldstrafe von bis zu 1.000 Euro zu verhängen. Nur wenn zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits bekannt ist, dass Grund für das Nichterscheinen des Zeugen ein diesen treffendes unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis (§ 243 Abs 2 StPO) ist, hat die Verhängung der Ordnungsstrafe zu unterbleiben ( Danek/Mann in Fuchs/Ratz, WK StPO § 242 Rz 9). Gemäß § 243 Abs 2 StPO hat der Vorsitzende zufolge einer Beschwerde die verhängte Strafe nachzusehen, wenn der Zeuge bescheinigt, dass ihm die Ladung zur Hauptverhandlung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist oder dass ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis von der Teilnahme an der Hauptverhandlung abgehalten hat. Der Vorsitzende kann auch eine Milderung aussprechen, wenn die Bescheinigung erbracht wird, dass die Strafe (oder der Kostenersatz) zur Schuld (oder den Folgen des Ausbleibens) unverhältnismäßig wäre. Die Kriterien der Unvorhersehbarkeit und Unabwendbarkeit müssen kumulativ vorliegen, wobei es ohne Belang ist, ob den Zeugen am Zustandekommen des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Hindernisses ein Verschulden trifft ( Danek/Mann in Fuchs/Ratz, WK StPO § 243 Rz 4).

Wie oben dargelegt, liegt eine ordnungsgemäße Zustellung der Zeugenladung an B* vor. Mit ihrem Beschwerdevorbringen gelingt es ihr nicht zu bescheinigen, dass sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Hindernis im Sinne des § 243 Abs 2 StPO von der Teilnahme an der Hauptverhandlung abgehalten wurde. Denn es wäre für sie ein Leichtes gewesen, sich vor dem Termin beim Erstgericht zu erkundigen, ob die Hauptverhandlung stattfindet oder nicht. Die Geldstrafe wurde daher zu Recht über sie verhängt.

Auch Gründe für eine Milderung der (mit ohnehin lediglich 15 % der Obergrenze ausgemessenen und damit die erforderliche Vertagung ausreichend berücksichtigenden) Geldstrafe liegen nicht vor, hat doch die Beschwerdeführerin tatsächliche Umstände, denen zufolge die Höhe der Sanktion unverhältnismäßig zu ihrer Schuld oder zu den Folgen des Ausbleibens wäre, nicht vorgebracht. Ihr Hinweis auf ihre finanziellen Verhältnisse ist ohne Belang, da bei Ausmessung der Ordnungsstrafe nach § 242 Abs 3 StPO eine Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des unentschuldigt ferngebliebenen Zeugen gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Der gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss gerichteten Beschwerde ist somit der Erfolg zu versagen.