21Bs126/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Krenn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Sanda und Mag. Maruna als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. März 2025, GZ **-6, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene A* verbüßt seit 24.7.2024, seit 21.11.2024 in der Justizanstalt **, die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30.9.2024 zu ** wegen § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und 15 StGB; 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG verhängte Freiheitsstrafe von 15 Monaten.
Das errechnete Strafende fällt unter Bedachtnahme auf § 148 Abs 2 StVG auf den 23.10.2025. Die Hälfte der Strafzeit verbüßte A* am 11.3.2025, zwei Drittel werden am 24.5.2025 vollzogen sein.
Nach Ablehnung der bedingten Entlassung nach Vollzug der Hälfte der Strafzeit mit Beschluss vom 18.2.2025 zu ** (ON 5) lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien als zuständiges Vollzugsgericht, nach ablehnender Äußerung der Staatsanwaltschaft (ON 1.2), eine bedingte Entlassung nach dem Vollzug von zwei Dritteln der Strafzeit aus spezialpräventiven Erwägungen insbesondere unter Hinweis auf eine einschlägige Vorstrafe, im Zuge derer A* zumindest teilweise das Haftübel verspürt habe, eine Ordnungsstrafe während der Haft und die aufgrund mangelnder Sozialisation schlechte Prognose ab (ON 6).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen im Zweifel rechtzeitig erhobene Beschwerde des A* (die Beschwerdefrist endete am 1.4.2025, die Beschwerde langte am 2.4.2025 beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein, sodass zumindest im Zweifel davon auszugehen ist, dass A* spätestens am 1.4.2025 die Beschwerde in der Justizanstalt zur Weiterleitung abgab) ist nicht berechtigt (ON 7).
Nach dem Bericht der Anstaltsleitung der Justizanstalt ** befinde sich A* im Erstvollzug, wobei seit der Ordnungsstrafe wegen Pflichtverletzung, ungebührlichen Benehmens und Raufhandels am 2.1.2025 eine Ordnungsstrafe (Geldbuße) verhängt worden sei. Laut Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei ein Rückkehrentscheid bzw. ein Einreiseverbot beabsichtigt, ein Festnahmeauftrag liege vor. Da sich A* zum ersten Mal in Strafhaft befinde, spricht sich die Anstaltsleitung nicht gegen eine bedingte Entlassung aus (AS 3ff in ON 2.1).
Nach der Stellungnahme des Sozialen Dienstes der Justizanstalt ** habe A* angegeben, in Österreich über keinerlei soziale oder familiäre Bindungen zu verfügen. Er habe keine Arbeit, sondern vor der Haft immer wieder Gelegenheitsjobs ausgeübt. Er könne nach der Haft bei Freunden wohnen. Die Verständigung funktioniere nur auf Englisch. Er sei gambischer Staatsangehöriger und habe keinen gültigen Aufenthaltstitel in Österreich (ON 2.4).
A* weist außer der in Vollzug stehenden eine einschlägige Vorstrafe auf, wobei er am 10.11.2021 zu ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien wegen §§ 27 Abs 1, Abs 2a, Abs 3 SMG und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt wurde, wobei der Vollzug eines Strafteils von sechs Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der bedingt nachgesehene Strafteil wurde mit dem bezughabenden Urteil auf fünf Jahre verlängert.
Richtig ist daher, dass sich A*, wie von der Anstaltsleitung der Justizanstalt ** ausgeführt, noch nicht in Strafhaft befand, er war jedoch, wie der IVV zu entnehmen ist, vom 12.9.2021 bis 10.11.2021 in Untersuchungshaft und wurde wegen Vollzugs des unbedingten Strafteils am Tag des Urteils entlassen.
Eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB setzt voraus, dass der Verurteilte die Hälfte, mindestens jedoch drei Monate einer über ihn verhängten Freiheitsstrafe verbüßt hat und anzunehmen ist, dass - allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß den §§ 50 bis 52 StGB - er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Dabei ist nach Abs 4 leg cit. auch auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß den §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann.
Zu diesen notwendigen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung ist darauf hinzuweisen, dass A*, wie er gegenüber dem Sozialen Dienst der Justizanstalt ** angab, über keinerlei soziale oder familiäre Bindungen oder auch eine Arbeitsstelle in Österreich verfügt, wobei er jedoch in seinem Antrag auf bedingte Entlassung angab, in der Wohnung seiner Freundin (ON 2.3) und in seiner Beschwerde ausführte, bei seiner Cousine (AS 1 in ON 7) (die denselben Namen trägt wie die Freundin?) wohnen zu können. Abgesehen davon, dass diese Wohnmöglichkeiten nicht bescheinigt wurden, ist auch die in der Beschwerde angegebene Adresse (**) in ** nicht existent.
Auch die von A* für die Bestreitung seines Lebensunterhalts geplanten Maßnahmen, „zum AMS zu gehen und sich zu einem Deutschkurs anzumelden, danach werde er sich für eine Arbeit umschauen“ (AS 1 in ON 2.3), bzw. mit Neustart zwecks einer Wohnung, Deliktsverarbeitung und einer Arbeit nach der Haft Kontakt aufgenommen zu haben (AS 1 in ON 7), stellen keine realistische Möglichkeit dar, unmittelbar eine Lebensgrundlage zu schaffen und nicht neuerlich einschlägig zu delinquieren. Dies umso mehr, als A*, wie dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5.11.2024 zu ** zu entnehmen ist, Suchtgifte zwar missbrauchte, jedoch keine Abhängigkeitserkrankung vorliege, und er in erster Linie Drogendealer und erst in zweiter Linie Konsument sei (ON 35 im bezeichneten Akt).
Nach alldem können auch Maßnahmen im Sinn der §§ 50 bis 52 StGB nicht greifen, wobei auch noch darauf hinzuweisen ist, dass seitens des BFA ein Festnahmeauftrag vorliegt und eine Rückkehrentscheidung geplant ist. Dass A* einen neuen gültigen Aufenthaltstitel beantragt habe, wie er in seiner Beschwerde ausführt, kann diesbezüglich keine Änderung bewirken.
Zusammenfassend liegen die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung des A* auch nach dem Vollzug von zwei Dritteln der Strafzeit nicht vor, sodass der Beschwerde gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss keine Folge zu geben war.