JudikaturOLG Wien

17Bs72/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24. Februar 2025, GZ **-11, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am (richtig:) ** geborene afghanische Staatsangehörige A* verbüßte bis zu seiner Flucht am 8. Oktober 2020 in der Justizanstalt ** aufgrund nachstehender Verurteilungen folgende Freiheitsstrafen von in Summe drei Jahren, einem Monat und 25 Tagen (vgl RIS-Justiz RS0126179 zur Zusammenrechnungsregel iSd § 46 Abs 5 StGB), uzw

1.)eine mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. September 2018 zu AZ ** wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren,

2.)eine weitere durch das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 17. Juni 2015 zu AZ ** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 (zu ergänzen:) zweiter Fall SMG ausgesprochene, zunächst bedingt nachgesehene achtmonatige Freiheitsstrafe sowie

3.)einen Strafrest von fünf Monaten und 25 Tagen aufgrund des Widerrufs einer bedingten Entlassung aus einer über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. September 2016 zu AZ ** wegen der Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und 3 Z 2 und 3, Abs 4 zweiter Fall FPG (idF BGBl I 2009/122 und 2013/144) verhängten (Zusatz-)Freiheitsstrafe.

Der Bittsteller befindet sich derzeit seit 12. Dezember 2024 in der Schweiz zur Auslieferung zur Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe in Auslieferungshaft (vgl ON 4 und ON 10) und beantragte mit Schreiben vom 10. Februar 2025 erneut seine bedingte Entlassung (ON 2).

Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG liegen seit 21. Mai 2020 vor.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht aus spezialpräventiven Gründen eine bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit erneut ab (ON 11), nachdem entsprechende Anträge schon mit Beschlüssen des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. März 2020 zu AZ ** und vom 30. September 2020 zu AZ ** abgelehnt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bittstellers (ON 12), der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper, WK 2StGB § 46 Rz 15/1).

Wenn auch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall sein und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), ist dem Erstgericht beizupflichten, dass fallkonkret spezialpräventive Gründe der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers entgegenstehen.

Wie bereits mehrfach in diesem Zusammenhang ausgeführt (vgl die Entscheidung des OLG Wien vom 1. April 2020 zu *), weist der Beschwerdeführer eine qualifiziert auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorverurteilung wegen Delinquenz gegen das Suchtmittelgesetz und eine Zusatzfreiheitsstrafe wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und 3 Z 2 und 3, Abs 4 zweiter Fall FPG (idF BGBl I 2009/122 und 2013/144) auf. Weder eine teilweise bedingte Strafnachsicht noch die Rechtswohltat einer bedingten Entlassung unter Beigebung von Bewährungshilfe noch das Verspüren des Haftübels konnten ihn davon abhalten, neuerlich innerhalb offener Probezeit im baldigen Rückfall (bedingte Entlassung am 20. September 2017 [ON 5, 1]; neuerliche Tatbegehung spätestens am 13. April 2018 [ON 6, 4]) einschlägig zu delinquieren.

Hinzu kommt ein durch seine Flucht am 8. Oktober 2020 getrübtes Vollzugsverhalten, sodass auch mit Blick auf dessen Behauptungen, seither ein rechtschaffenes Leben geführt zu haben, indem er gearbeitet und eine Familie gegründet habe, eine bedingte Entlassung dennoch nicht in Betracht kommt. Soweit er vorgibt, lediglich aus Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan geflohen zu sein, ist ihm zu erwidern, dass einem entsprechenden behördlichen Auftrag mit rechtsstaatlichen Mitteln zu begegnen gewesen wäre.

Seine Sanktions- und Resozialisierungsresistenz sowie sein Vollzugsverhalten zeigen eindrücklich seine beharrlich gleichgültige Einstellung gegenüber rechtlich geschützten Werten und Regeln auf. Der Einschätzung des Erstgerichts, wonach daher auch unter Bedachtnahme auf die Wirkungen von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB nicht davon auszugehen sei, dass der Bittsteller durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist daher unumwunden zuzustimmen. Es bedarf sohin des weiteren konsequenten Vollzuges der verhängten Freiheitsstrafen, um bei ihm spezialpräventiv den nötigen erzieherischen Effekt erzielen zu können.

Der Beschwerde – eine Übernahme der Strafvollstreckung durch die Schweizer Behörden ist hier nicht Beschwerdegegenstand - gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss war daher ein Erfolg zu versagen.

Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).