JudikaturOLG Wien

20Bs54/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
03. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen § 133 StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 12. Februar 2025, GZ **-12, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

A* verbüßt aktuell in der Justizanstalt ** eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und acht Monaten mit errechnetem Strafende am 6. Juli 2027 (ON 4), die mit am 3. Dezember 2024 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Krems a.d. Donau zu AZ ** wegen § 269 Abs 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen verhängt wurde.

Mit Schreiben vom 22. Jänner 2025 (ON 2) beantragte der Strafgefangene den nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs wegen Vollzugsuntauglichkeit gemäß § 133 StVG mit der Begründung, er sei aus gesundheitlicher Sicht nicht in der Lage, seine restliche Haft „gesund zu überstehen“, er habe eine Lungenembolie gehabt und darüber hinaus einen Harnkatheter. Er ersuche um Bestellung eines Gutachtens, um seinen schlechten Gesundheitszustand zu bestätigen.

In weiterer Folge bestellte das Landesgericht Krems a.d. Donau antragskonform den Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, Dr. B*, mit Beschluss vom 5. Februar 2025 zum Sachverständigen (ON 10) und beauftragte diesen, Befund und Gutachten über das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der Vollzugstauglichkeit (§§ 133 iVm 5 StVG) beim Strafgefangenen zu erstatten.

Mit Eingabe vom 12. Februar 2025 (ON 11) erhob der Strafgefangene Einwände gegen den bestellten Sachverständigen, da es sich bei Dr. B* um einen Amtsarzt handle, weshalb Befürchtungen bestünden, dass er (gemeint wohl nicht ) unparteiisch und nicht neutral agieren werde, weshalb ein „neutraler Arzt“ beantragt werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Strafgefangenen auf Enthebung bzw Umbestellung des Sachverständigen Dr. B* ab und führte begründend aus, der Strafgefangene habe lediglich den pauschalen Vorwurf der Befangenheit des bestellten Sachverständigen aufgrund seiner Stellung als Amtsarzt erhoben, jedoch nicht dargelegt, inwiefern die generelle Befangenheit des Sachverständigen bestehe. Vielmehr sei im Rahmen einer Einzelfallprüfung eine allfällige Befangenheit anhand der Regelung des § 47 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 126 Abs 4 erster Satz StPO zu beurteilen. Ein Antrag, einen Sachverständigen aufgrund seiner Eigenschaft als Amtsarzt nicht zu bestellen, müsse demnach Anhaltspunkte aufzeigen, die im Zusammenhang mit der konkreten Tätigkeit dieses Sachverständigen im gegenständlichen Verfahren gegen dessen völlige Neutralität sprechen, die vom Betroffenen jedoch weder behauptet, noch aufgezeigt worden seien.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 13), mit der er wortwörtlich Folgendes moniert:

„Die Gesetze finden durch die Ethik, Moral, Philosophie und Religion eines Staates ihren Weg zur Ratifizierung im Parlament durch Mehrheitsbeschlüsse ihre Niederschrift im Gesetzbuch. Trotzdem findet die praktische Anwendung der theoretischen Gesetze in jedem Land die juristische Subsumtion anders statt und da ich davon ausgehe, dass lieber durch ein Nadelöhr ein Kamel geht, als dass von diesem System ein gerechtes Urteil kommt, lege ich das Rechtsmittel der Beschwerde ein“ (ON 13).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 126 Abs 4 StPO gelten für Sachverständige die Befangenheitsgründe des § 47 Abs 1 StPO sinngemäß. Soweit sie befangen sind oder ihre Sachkunde in Zweifel steht, sind sie (in casu) vom Gericht von Amts wegen oder aufgrund von Einwänden ihres Amtes zu entheben. Der Sachverständige hat sich der Ausübung seines Amtes zu enthalten, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit in Zweifel zu ziehen (§ 47 Abs 1 Z 3 StPO). Für die Befangenheit genügen bereits jene äußeren Umstände, die geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beobachter naheliegende Zweifel an der unvereingenommenen und unparteilichen Sachverständigentätigkeit zu wecken (Kirchbacher, StPO 15§ 126 Rz 15). Eine allfällige Befangenheit ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung anhand der Regeln des § 47 Abs 1 Z 3 iVm § 126 Abs 4 erster Satz StPO zu beurteilen. Dies ist dann der Fall, wenn eine Beeinträchtigung der unparteilichen Begutachtung durch sachfremde psychologische Motive zu befürchten ist. Der Anschein der Befangenheit setzt voraus, dass konkrete Umstände dargetan werden, die geeignet erscheinen, aus der Sicht eines objektiven Beurteilers die volle Unbefangenheit des Sachverständigen aus persönlichen Gründen in Zweifel zu ziehen.

Derartige Umstände wurden jedoch vom Beschwerdeführer nicht dargetan.

Abgesehen davon, dass die Behauptung, der gerichtsmedizinische Sachverständige Dr. B* sei „Amtsarzt“, weder aktenkundig noch vom Beschwerdeführer belegt ist, würde auch eine allfällige Tätigkeit des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen auch als Amtsarzt keineswegs per se dessen Befangenheit indizieren. So wurde weder eine allfällige Vorbefasstheit des bestellten Sachverständigen (etwa durch eine vorangehende ärztliche Behandlung – vgl. 15 Os 65/09m) behauptet, noch die Einwendungen auf mangelnde Sachkunde gegründet.

Dem Rechtsmittel war daher kein Erfolg beschieden.