JudikaturOLG Wien

21Bs42/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Krenn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Sanda und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 8. Jänner 2025, GZ ***, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am ** in ** geborene bulgarische Staatsangehörige A* verbüßt seit 25. Juni 2024 in der Justizanstalt Krems

1. die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. März 2024, rechtskräftig am selben Tag, AZ **, wegen strafbarer Handlungen vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten;

2. den aufgrund gleichzeitigen Widerrufs der mit Beschluss zu ** gewährten bedingten Entlassung zu vollziehenden Rest der Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten und elf Tagen aufgrund einer Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien zu ** vom 22. Mai 2023, rechtskräftig am selben Tag, wegen strafbarer Handlungen vor Vollendung des 18. Lebensjahres gemäß §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB; 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB;

3. die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. September 2024, rechtskräftig seit 10. September 2024, AZ **, wegen strafbarer Handlungen vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB verhängte Zusatzfreiheitsstrafe zur Verurteilung des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu ** in der Dauer von 10 Monaten.

In Folge der Änderung des Stichtags aufgrund der Verurteilung zu Punkt 3. ist erneut über die bedingte Entlassung nach der Hälfte der Strafzeit zu entscheiden.

Das errechnete Strafende fällt unter Berücksichtigung des § 148 Abs 2 StVG nunmehr auf den 20. August 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach der Hälfte der Strafzeit werden am 30. März 2025, jene nach zwei Dritteln der Strafzeit werden am 16. September 2025 vorliegen.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten zum Hälftestichtag - ohne Anhörung des Strafgefangenen - in Übereinstimmung mit den jeweils ablehnenden Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau (ON 1.2) und der Leiterin der Justizanstalt Krems (ON 2, 2) zusammengefasst aus spezialpräventiven Gründen unter Hinweis auf dessen getrübtes Vorleben und die schlechte Führung ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nach Zustellung erhobene Beschwerde des Strafgefangenen (ON 18), der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 4 leg cit ist besonders zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch die Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper, WK 2 StGB § 46 Rz 15/1).

Gemäß § 46 Abs 2 StGB ist ein Verurteilter, der die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel seiner Freiheitsstrafe verbüßt hat, trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 leg cit so lange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Gemäß § 17 JGG haben allerdings bei der bedingten Entlassung aus einer wegen einer Jugendstraftat verhängten Freiheitsstrafe generalpräventive Erwägungen außer Acht zu bleiben.

Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, ist bei der hier anzustellenden Prognose von einer hohen Rückfallwahrscheinlichkeit auszugehen, sodass spezialpräventive Aspekte gegen eine bedingte Entlassung der Strafgefangenen zum frühestmöglichen Zeitpunkt sprechen.

Dazu ist auch auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zu AZ * vom 6. September 2024 zu verweisen, deren Begründung zur Ablehnung eines Vorgehens nach § 152 Abs 1 Z 1 StVG auch zum Inhalt dieser Entscheidung erhoben wird.

Dem Erstgericht ist in seiner Entscheidung zuzustimmen, dass die Erstellung der im Gesetz geforderten günstigen Zukunftsprognose weiterhin nicht gerechtfertigt ist. Trotz seiner einschlägigen Vorstrafe wegen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben konnte ihn weder eine teilbedingte Strafnachsicht samt Anordnung von Bewährungshilfe noch das Verspüren des Haftübels noch die Gewährung einer bedingten Entlassung von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten.

Der bedingten Entlassung steht sohin weiterhin ein erhebliches Rückfallrisiko entgegen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die ablehnende Stellungnahme der Anstaltsleiterin (ON 2, 2) wegen seiner nicht der Hausordnung entsprechenden Führung und die damit im Zusammenhang stehenden – seit der letzten Entscheidung nunmehr - fünf Ordnungswidrigkeiten in den Justizanstalten * und * (ON 6 bis ON 10) und die daraus abzuleitende Persönlichkeit des Angeklagten hinzuweisen, die einen Mangel an Respekt gegenüber rechtlichen Werten (Bedrohungen, körperliche Angriffe und Beschimpfungen) aufzeigt.

Aufgrund dieser individual-präventiv deutlich negativ geprägten Zukunftsprognose bedarf es des weiteren Vollzugs des jugendlichen Strafgefangenen, weil im Hinblick auf das getrübte Vorleben und die schlechte Führung die bedingte Entlassung jedenfalls nicht geeignet erscheint, um den Verurteilten in Zukunft von der Begehung strafbarer Handlungen wirksam abzuhalten und um dem Beschwerdeführer vor Augen zu führen, dass bei völliger Wirkungslosigkeit ihm bisher gewährter Resozialisierungschancen bei weiterem Verüben von der Schwerstkriminalität zuordenbaren strafbaren Handlungen nicht nur mit spürbaren Sanktionen, sondern auch mit deren konsequenten Vollzug gerechnet werden muss.

Bei einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände kann die angestrebte Korrektur bei A* auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB derzeit nur durch den weiteren Strafvollzug mit einiger Aussicht auf Erfolg bewirkt werden.

Das Unterbleiben der Anhörung nach § 152a Abs 1 StVG begegnet im konkreten Fall im Hinblick auf die vom Erstgericht zutreffend dargelegten Parameter, insbesondere die gravierenden aus spezialpräventiven Bedenken aufgrund der Vorstrafenbelastung erwiesenen Umstände, an denen der persönliche Eindruck des Antragstellers nichts zu ändern vermocht hätte, sowie des Umstands, dass er auch die Anhörung nicht beantragt hat, keinen Bedenken ( Drexler/Weger , StVG 5 § 152a Rz 1).

Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.

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