JudikaturOLG Wien

8Rs11/25h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2025

Kopf

Im Namen der Republik

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Zacek als Vorsitzende, den Richter Mag. Zechmeister und die Richterin Dr. Heissenberger LL.M. sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Marianne Zeckl Draxler und Michael Grandinger in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* B* , **straße **, **, vertreten durch Mag. C*, D* E*, Prinz Eugen Straße 20-22, 1040 Wien, wider die beklagte Partei F* , **straße **, ** E*, vertreten durch Ing. Mag. G*, ebendort, wegen Partnerschaftsbonus, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 30.10.2024, ** 10, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern des am ** geborenen H*. Die Klägerin beantragte am 18.10.2022 mittels Internetantrag die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum von 24.12.2022 bis 21.7.2023, das ihr gewährt und ausbezahlt wurde. Der Vater beantragte am 18.10.2022 mittels zwei Internetanträgen die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum von 20.10.2022 bis 23.12.2022 sowie für den Zeitraum von 22.7.2023 bis 22.10.2023. Das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens wurde ihm für die genannten Zeiträume gewährt und ausbezahlt. Weiters beantragte der Vater am 18.10.2022 mittels Internetantrag die Gewährung des Partnerschaftsbonus. Dieser wurde ihm gewährt und ausbezahlt.

Mit Bescheid vom 5.8.2024 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 22.6.2024 auf Zuerkennung des Partnerschaftsbonus ab.

Dagegen erhob die Klägerin fristgerecht Klage. Sie habe angenommen, am 18.10.2022 auch einen Antrag auf Partnerschaftsbonus gestellt zu haben. Als ihr Partner im Oktober 2023 den Partnerschaftsbonus ausbezahlt bekommen habe, während sie keine Zahlung erhalten habe, habe sie mehrfach bei der Beklagten nachgefragt. Ihre E-Mails vom 20.11.2023, 22.1.2024, 18.3.2024, 9.4.2024 und 2.5.2024 seien erst am 4.6.2024 beantwortet worden. Am 19.2.2024 habe sie zusätzlich bei der I*-E*-J*-Adresse nachgefragt. Am 4.6.2024 habe sie die Rückmeldung erhalten, dass ihr Antrag vom 18.10.2022 offenbar nicht korrekt übermittelt worden sei. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sie erfahren, dass es beim Absenden des Antrages ein Problem gegeben habe. Nach ihrer Rückkehr nach E* habe sie prompt einen neuen Antrag gestellt, welcher jedoch abgelehnt worden sei. Hätte sie innerhalb einer angemessen Zeit von zB 4 Wochen nach der ersten Nachfrage vom 20.11.2023 eine Antwort erhalten, hätte sie noch zwei Monate Zeit gehabt, innerhalb der gesetzlichen Frist den Antrag neuerlich zu stellen.

Die Beklagte bestritt. Die Klägerin habe am 18.10.2022 den Antrag nicht abgesendet. Sie habe vor dem Absenden die Funktion „Drucken“ ausgewählt, die es ermögliche, vor dem unwiderruflichen Absenden eine Zusammenfassung auszudrucken. Die Klägerin habe danach offenbar vergessen, den „Senden“-Knopf zu drücken, ansonsten hätte sie ein Bestätigungsmail erhalten. Auf der Druckübersicht sei auch ein Hinweis ersichtlich, wonach auf den Erhalt eines E-Mails nach Bearbeitungsübernahme durch den zuständigen Krankenversicherungsträger hingewiesen werde. Die Klägerin hätte, nachdem sie nach vier Wochen noch kein E-Mail erhalten habe, sicherheitshalber nochmals einen Antrag stellen können. Auf der Zusammenfassung sei auch ersichtlich, dass die Url auf „*“ ende, während die Url bei den Anträgen des Vaters und dem Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kinderbetreuungsgeld mit „*“ ende. Während im Antrag des Vaters „wurde entgegengenommen“ in der Vergangenheitsform angeführt werde, sei der bei der Klägerin in der Zusammenfassung enthaltene Text „Der Antrag wird automatisch über das Kompetenzzentrum an den für Sie zuständigen Krankenversicherungsträger übermittelt“ in der Zukunft geschrieben, woraus sich klar ergebe, dass der Antrag noch abzusenden sei. Der Antrag sei nicht am 18.10.2022 sondern erst am 22.6.2024 gestellt worden. Der letzte Tag der Antragsfrist sei der 22.2.2024 gewesen, sodass der Antrag vom 22.6.2024 verspätet sei.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin anlässlich der Geburt des Kindes H* B* den Partnerschaftsbonus nach § 5b KBGG in der Höhe von EUR 500, zu zahlen.

Es legte seiner Entscheidung die auf Seiten 3 bis 4 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen zugrunde, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, es sei strittig, ob die Klägerin einen Antrag auf Partnerschaftsbonus innerhalb der gesetzlichen Frist gestellt habe. Letzter Tag der Antragsfrist sei der 22.2.2024. Zwar sei von keiner wirksamen Antragstellung am 18.10.2022 auszugehen, da die Klägerin vergessen habe, den bereits ausgefüllten Antrag abzusenden. Jedoch seien die E-Mails vom 22.1.2024 und vom 19.2.2024, mit denen sie sich nach der Auszahlung

des „beantragten“ Partnerschaftsbonus erkundigte und die Druckübersicht vom 18.10.2022 mit der Wortfolge „Ich beantrage hiermit den Partnerschaftsbonus zum Kinderbetreuungsgeld“ sowie die die für den Antrag erforderlichen Daten enthalten würden, als Anträge auf Gewährung des Partnerschaftsbonus innerhalb der gesetzlichen Frist zu werten. Die Beklagte wäre daher gemäß § 13 Abs 3 AVG verpflichtet gewesen, die Klägerin zur Verbesserung unter Verwendung des bundeseinheitlichen Antragsformulars gemäß § 26 Abs 1 KBGG aufzufordern und ihr eine Frist hierfür zu setzen. Der von der Klägerin am 22.6.2024 eingebrachte Internetantrag sei als Verbesserung der E-Mail-Anträge zu werten, sodass dieser rechtzeitig erfolgt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Beweisrüge

Wer den Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung geltend macht, muss deutlich zum Ausdruck bringen, welche Tatsachenfeststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung stattdessen begehrt wird und aufgrund welcher Beweismittel die begehrte Feststellung getroffen werden könnte (RS0041835 [T4]; Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 8 mwN).

1.1. Die Beklagte bekämpft folgende Feststellung: „Aufgrund des erhaltenen PDF-Dokuments und der darin enthaltenen Passage, dass der Antrag automatisch über das Kompetenzzentrum an den zuständigen Krankenversicherungsträger übermittelt wird, ging die Klägerin davon aus, dass sie ihren Antrag wirksam gestellt hatte.“

Sie begehrt stattdessen folgende Ersatzfeststellung: „Aufgrund des von ihr selbst durch drücken auf den Link „Drucken“ auf der Webseite zur Beantragung des Partnerschaftsbonus erstellten PDF-Dokuments und der darin enthaltenen Passage, dass der Antrag automatisch über das Kompetenzzentrum an den zuständigen Krankenversicherungsträger übermittelt wird, ging die Klägerin davon aus, dass sie ihren Antrag wirksam gestellt hatte.“

Damit bekämpft die Beklagte im Ergebnis aber nur die Wortfolge „ des erhaltenen“, der übrige Teil der bekämpften Feststellung findet sich auch in der begehrten Ersatzfeststellung. Das Erstgericht hat ohnedies festgestellt, dass die Klägerin alle für den Antrag erforderlichen Daten auf der Internetseite ausgefüllt hat, am Ende des Vorgangs und vor Absenden des Antrags eine Druckübersicht aufrief, die ihr als PDF-Dokument zur Verfügung gestellt wurde (ON 10, S. 3). Der von der Beklagten bekämpfte Feststellungsteil ist im Sinne dieser unbekämpften Feststellung zu verstehen. Einer weiteren „Präzisierung“ bedarf es für die rechtliche Beurteilung nicht.

1.2. Die Beklagte begehrt weiters die Feststellung, „dass die optional erstellbare Druckübersicht sich von der Datenübersicht, die ein Antragsteller nach einem übermittelten Antrag auf Partnerschaftsbonus erhält, sich optisch wie inhaltlich unterscheidet.“ ohne eine bekämpfte Feststellung anzuführen.

Eine gesetzmäßige Beweisrüge setzt voraus, dass zwischen der bekämpften und der alternativ angestrebten Feststellung ein inhaltlicher Widerspruch besteht, weil die bekämpfte Feststellung ersetzt werden soll (vgl RS0041835 [insbesondere T2], RS0043150 [T9]). Mangels Angabe einer bekämpften Feststellung liegt keine gesetzmäßige Beweisrüge vor. Es könnte allenfalls ein sekundärer Feststellungsmangel iSd § 496 Abs 1 Z 3 ZPO geltend gemacht werden, der der Rechtsrüge zuzuordnen ist. Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317). Sekundäre Feststellungsmängel kommen nur im Rahmen des Tatsachenvorbringens der jeweiligen Partei in Betracht.

Die begehrte ergänzende Feststellung ist zur rechtlichen Beurteilung nicht erforderlich.

1.3. Die Beklagte begehrt sodann die Feststellung, „dass nach Erstellung einer Druckübersicht noch die Antragsdaten bis zum Drücken des Buttons „Senden“ geändert werden können und daher die angezeigten Daten der Druckübersicht sich von jener Datenanzeige nach Absenden des Antrages unterscheiden können und vor Drücken des Buttons „Senden“ keine der eingegebenen Daten bei der Berufungswerberin gespeichert werden.“ Eine bekämpfte Feststellung nennt die Beklagte auch in diesem Zusammenhang nicht. Es liegt daher keine gesetzmäßige Beweisrüge vor. Allenfalls könnte auch hier ein sekundärer Feststellungsmangel iSd § 496 Abs 1 Z 3 ZPO geltend gemacht werden, der der Rechtsrüge zuzuordnen ist. Der von der Beklagten begehrten ergänzenden Feststellung bedarf es aber nicht. Das Erstgericht hat ohnedies festgestellt, dass die Klägerin nach dem Erstellen der Druckübersicht vergaß, den Antrag auf Gewährung des Partnerschaftsbonus abzusenden. Dass nach der Erstellung der Druckübersicht die Daten noch geändert werden könnten, solange der Antrag nicht abgesendet wird, ist naheliegend, aber nicht entscheidungswesentlich. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt folglich nicht vor.

1.4. Die Beklagte begehrt schließlich die Feststellung, „dass mit den E-Mails vom 20.11.2023, 22.01.2024 und 19.02.2024 kein neuer Antrag auf Partnerschaftsbonus gestellt wurde.“

Ob mit den E-Mails ein Antrag gestellt wurde, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung und keiner Tatsachenfeststellung zugänglich. Der Inhalt der E-Mails kann als unstrittige Urkunde der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden (RS0121557), weiterer Feststellungen bedarf es dazu nicht.

Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts (§ 498 Abs 1 ZPO).

2. Unrichtige rechtliche Beurteilung

2.1. Die Beklagte verweist zunächst darauf, dass der mögliche Streitgegenstand in Sozialrechtssachen dreifach eingegrenzt sei durch Antrag, Bescheid und Klagebegehren.

Im bekämpften Bescheid werde nur über den Antrag auf Partnerschaftsbonus vom 22.6.2024 abgesprochen, weshalb auch nur dieser verfahrensgegenständlich sei.

Außerhalb von Säumnisfällen setzt jede Klage einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers voraus, der „darüber“, das heißt über den der betreffenden Leistungssache zugrundeliegenden Anspruch des Versicherten ergangen sein muss (RS0085867). Der Streitgegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens muss mit jenem des vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens identisch sein, da ansonsten eine „darüber“ ergangene Entscheidung des Versicherungsträgers fehlt (RS0124349). Der mögliche Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens in Sozialrechtssachen ist (außer in den Säumnisfällen [§ 67 Abs 1 Z 2 ASGG]) daher grundsätzlich dreifach eingegrenzt durch den Antrag, den bekämpften Bescheid und das Klagebegehren (RS0105139 [T1]).

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Spruch eines Bescheids nach seinem äußeren Erscheinungsbild, also objektiv nach seinem Wortlaut auszulegen (RS0008822 [T2]). Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruchs, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (RS0049680 [T1]). Die Reichweite des Bescheidspruchs ist schließlich auch nach dem Entscheidungsgegenstand des bekämpften Bescheids zu interpretieren (RS0105139). Da der Entscheidungswille des Versicherungsträgers im Zweifel – etwa mangels sich aus dem Bescheid ergebender gegenteiliger Anhaltspunkte – sämtliche Anbringen und Gegenstände erfasst, über die ein Bescheid zu erlassen ist, kann etwa auch den Erklärungen, die der Versicherte im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Versicherungsträger abgibt, Bedeutung zukommen.

2.2. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts hat die Klägerin am 18.10.2022 den Antrag auf Partnerschaftsbonus auf der Internetseite der Beklagten ausgefüllt, vor dem Absenden die Druckübersicht aufgerufen, dann aber vergessen, den Antrag abzusenden.

Wie auch das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung festgehalten hat, hat die Klägerin am 18.10.2022 somit keinen Antrag auf Partnerschaftsbonus gestellt. Das Ausfüllen der Daten, Abrufen der Druckübersicht und Ausdrucken derselben ohne den Antrag abzusenden, kann nicht als wirksame Antragstellung qualifiziert werden.

Am 20.11.2023 sandte die Klägerin sodann ein E-Mail an die Beklagte und erkundigte sich, bis wann der beantragte Partnerschaftsbonus ausbezahlt werde. Am 22.1.2024 sandte sie erneut ein E-Mail an die Beklagte und wiederholte ihre Frage: „ Weiters wollte ich noch fragen, bis wann der beantragte Partnerschaftsbonus ausbezahlt wird?Dieser wurde am 18.10.2022 (siehe Anhang) beantragt!“ (Blg ./B). Als Anhang angeschlossen war die Druckübersicht als PDF-Dokument mit den für den Antrag auf Partnerschaftsbonus erforderlichen Daten und der Wortfolge „Ich beantrage hiermit den Partnerschaftsbonus zum Kinderbetreuungsgeld.“ (Blg ./D).

Am 19.2.2024 sandte die Klägerin ein weiteres E-Mail an die Beklagte, indem sie nochmals ausführte: „ Weiters wollte ich noch fragen, bis wann der beantragte Partnerschaftsbonus ausbezahlt wird? Dieser wurde am 18.10.2022 (siehe Anhang) beantragt!“ (Blg ./C). Angeschlossen war wiederum das am 18.10.2023 ausgedruckte PDF-Dokument (Blg ./D).

2.3. Die Beklagte verweist selbst auf den in Sozialrechtssachen geltenden Grundsatz sozialer Rechtsanwendung. Im Sinne sozialer Rechtsanwendung ist ein Antrag im Zweifel zugunsten des Versicherten auszulegen (RS0086466). Richtig ist auch, dass sich die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrags aus dem Grundsatz sozialer Rechtsanwendung nicht ableiten lässt (RS0086466 [T1]). Der Sozialversicherungsträger (oder eine zur Weiterleitung gemäß § 361 Abs 4 ASVG verpflichtete Behörde) ist auch nicht verpflichtet, jedes Anbringen, dem erkennbare Hinweise auf ein bestimmtes Begehren fehlen, nach allen Richtungen dahin „auszuloten", „wer mit der Eingabe allenfalls sonst noch befasst werden kann", um eine mögliche „versteckte" Antragstellung aufzuspüren (RS0086466 [T8]).

Die E-Mails der Klägerin vom 22.1.2024 und 19.2.2024 nehmen zwar auf einen Antrag vom 18.10.2022 Bezug, sie enthalten aber zudem die PDF-Druckansicht, die alle notwendigen Daten zur Antragstellung enthält und auch die Erklärung „Ich beantrage hiermit den Partnerschaftsbonus zum Kinderbetreuungsgeld.“ Damit liegt aber gerade nicht die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrags vor, sondern es ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass die E-Mails vom 22.1.2024 sowie 19.2.2024 als Antrag auf Gewährung des Partnerschaftsbonus zum Kinderbetreuungsgeld zu werten sind.

Gemäß § 26 Abs 1 KBGG ist für die Geltendmachung des Anspruchs ein bundeseinheitliches Antragsformular zu verwenden. § 361 Abs 4 ASVG iVm § 25a KBGG sieht eine Weiterleitung des Antrages bei Einbringung bei einer unzuständigen Behörde mit fristwahrender Wirkung vor.

Gemäß § 13 Abs 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die Verbesserungspflicht findet dort ihre Grenze, wo ein Anbringen so mangelhaft ist, dass man gar nicht zu erkennen vermag, worauf es gerichtet ist, und es daher - auch nach einem Versuch zur Klarstellung - nicht möglich ist zu erkennen, welche "Verbesserungen" vorgenommen werden sollen. Dies ist bei Anbringen der Fall, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen und die deshalb gemäß § 13 Abs 6 AVG "nicht in Behandlung genommen werden müssen". § 13 Abs 6 AVG ist allerdings nur auf Extremfälle gemünzt, in denen einem Anbringen tatsächlich überhaupt keine "Angelegenheit" zu entnehmen ist, auf die es sich bezieht. Eine derartige Konstellation liegt nicht vor, wenn das in Rede stehende, die Beilagen zum eigentlichen - nicht eingelangten - Beschwerdeschriftsatz enthaltende E-Mail in seinem Betreff ausdrücklich den Hinweis "Beschwerde" sowie die Namen und die IFA-Zahl des Revisionswerbers enthielt (Ra 2018/01/0503). Die dortige Eingabe wies somit ein Mindestmaß an Konkretisierung auf und war insofern jedenfalls rechtlich (als Beschwerde) einordenbar.

2.4. Auch die hier in Frage stehenden E-Mails der Klägerin vom 22.1.2024 bzw 19.2.2024 ließen erkennen, dass die Klägerin einen Antrag auf Gewährung des Partnerschaftsbonus zum Kinderbetreuungsgeld stellen möchte. Die Klägerin hat die genannten E-Mails beim zuständigen Versicherungsträger eingebracht. § 26 Abs 1 KBGG normiert die Verwendung eines bundeseinheitlichen Antragsformulars, enthält aber ansonsten keine weiteren Vorschriften zur Übermittlungsart.

Die E-Mails der Klägerin enthalten die erforderlichen Daten nur im angeschlossenen PDF-Dokument, sie enthalten nicht das bundeseinheitliche Formular, sodass ihnen ein behebbares Formgebrechen anhaftet.

Die Beklagte war daher gemäß § 13 Abs 3 AVG verpflichtet, einen fristgebundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Einen solchen erteilte sie tatsächlich nicht. Dem Erstgericht ist aber darin beizupflichten, dass der von der Klägerin am 22.6.2024 eingebrachte Onlineantrag auf Gewährung des Partnerschaftsbonus als Verbesserung des E-Mail-Antrags zu werten ist.

Das von der Beklagten monierte Streitgegenstandsproblem liegt folglich nicht vor. Der bekämpfte Bescheid nennt zwar den Antrag vom 22.6.2024, dies aber unter Missachtung des § 13 Abs 3 letzter Satz AVG. Wird nämlich der Mangel rechtzeitig behoben, gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Der Bescheid bezieht sich daher auf den am 22.6.2024 lediglich verbesserten Antrag auf Partnerschaftsbonus vom 22.1.2024.

Entgegen der Ansicht der Beklagten enthielt das E-Mail vom 22.1.2024, ebenso wie jenes vom 19.2.2024, in der angeschlossenen Druckübersicht einen Antrag der Klägerin. Dieses übermittelte PDF-Dokument war auch nicht mehr veränderbar, das Vorbringen der Beklagten, dass bis zum Drücken des Buttons „Senden“ die Antragsdaten weiterhin verändert werden könnten, geht daher ins Leere.

Dass am 18.10.2022 noch kein Antrag durch die Klägerin gestellt wurde, schadet im Ergebnis daher nicht.

3. Der Berufung kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.

4. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhing.

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