JudikaturOLG Wien

20Bs350/24b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Einzelrichter in der vormaligen Strafsache gegen A* und weitere Angeklagte über die Beschwerde der B* Ges.m.b.H. und der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. November 2024, GZ D*-828, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Beschwerden wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Jänner 2023, GZ D* 723 wurde soweit im Beschwerdeverfahren relevant der Antrag der WKStA auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße über die B* Ges.m.b.H. abgewiesen.

Die Entscheidung erwuchs mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 14. Mai 2024, GZ 14 Os 134/23x 4 (ON 794) in Rechtskraft.

Mit Antrag vom 12. August 2024 beantragte die B* Ges.m.b.H. einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 393a StPO (ON 816). Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht auf Basis einer fiktiv erstellten Honorarabrechnung nach Tarifansätzen diesen Pauschalbeitrag mit EUR 15.000, (ON 828).

Gegen diesen Beschluss richten sich Beschwerden der B* Ges.m.b.H. mit dem Begehren auf Erhöhung des Pauschalbeitrags (ON 833) und der WKStA (ON 830) mit gegensätzlichen Begehren.

Den Beschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Mit 1. August 2024 trat das Bundesgesetz, BGBl I Nr 96/2024, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert und der Verteidigerkostenbeitrag neu geregelt wurde, in Kraft. Nach der nunmehr geltenden, zufolge § 516 Abs 12 StPO auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des § 393a Abs 1 StPO hat der Bund – soweit hier relevant - dem nicht lediglich aufgrund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§ 72 StPO) freigesprochenen Angeklagten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient.

Nach § 393a Abs 2 StPO ist der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffen-und Geschworenengericht den Betrag von 30.000 Euro nicht übersteigen (Abs 2 Z 1 leg cit). § 393a Abs 2 letzter Satz StPO normiert, dass das jeweilige Höchstmaß des Beitrags im Falle längerer Dauer der Hauptverhandlung (§ 221 Abs 4 StPO) um die Hälfte überschritten und im Falle extremen Umfangs des Verfahrens (§ 285 Abs 2 StPO) auf das Doppelte erhöht werden kann.

Weiterhin wird grundsätzlich an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten. Der Pauschalbeitrag soll dabei unter Bedachtnahme auf den Umfang des gesamten Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festgesetzt werden. Weiterhin sind beim Kriterium des Umfangs des Verfahrens die Phase des Ermittlungs- und Hauptverfahrens als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen; ausschlaggebend soll daher der Verfahrensaufwand im gesamten Strafverfahren sein. Insgesamt soll durch die Neuregelung zum Ausdruck kommen, dass der Umfang des Verfahrens alleine nicht ausschlaggebend, sondern auch dessen Komplexität in der Beurteilung entsprechend zu berücksichtigen sein soll (vgl EBRV 2557 BlgNR XXVII.GP).

Eine generelle Vergütung der Kosten der Verteidigung im Umfang der abgeführten Hauptverhandlungen sieht die Neuregelung des § 393a StPO demnach nicht vor, wird doch weiterhin an einem Pauschalkostenbeitrag festgehalten, der sich – wie bisher – am Umfang und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen orientiert und im Verhältnis zum Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen ist. Für ein durchschnittliches Verfahren soll auch von den durchschnittlichen Verteidigerkosten für ein Standardverfahren ausgegangen werden und der sich daraus ergebende Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags herangezogen werden (Erlass des BMJ vom 31. Juli 2024 über die Neuregelung des Verteidigungskostenbeitrags durch das Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird, BGBl I Nr 96/2024).

Zunächst ist den Beschwerdevorbringen der WKStA zuwider dem Antrag nach § 393a StPO jedenfalls zu entnehmen, dass die B* Ges.m.b.H. einen Zuspruch jedenfalls über das in § 393a Abs 1 Z 1 genannte Höchstmaß begehrt, der erstgerichtliche Zuspruch ist daher vom Begehren der Antragstellerin gedeckt. Im Übrigen ist ein von der WKStA vermisstes Leistungsverzeichnis ohne Belang, weil die Höhe der vom Verteidiger seinem Mandanten im Innenverhältnis verrechneten Kosten für die Bemessung des Pauschalbeitrags nicht maßgeblich ist (Lendl in WK-StPO, § 393a Rz 10).

Der vom Erstgericht gewählte Weg der Orientierungshilfe aufgrund möglicher Antragstellung nach dem RATG ist nicht zu beanstanden und bietet eine solide Basis für die bekämpfte Entscheidung. Dass nach dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin das Erstgericht nicht alle möglichen Honorarposten berücksichtigt habe, tut der Schlüssigkeit der gewählten Pauschalsumme keinen Abbruch.

Der erstgerichtlichen Zusammenfassung des Umfangs des Strafakts (AS 2 des bekämpften Beschlusses) ist aber die Erwägung nachzustellen, dass sich der Sachverhalt sowie die daran anschließenden Fragen rechtlicher Natur durchaus als komplex gezeigt haben. Ungeachtet der dahin abweichenden Meinung des Erstgerichts erweist sich der zugesprochene Betrag als eben diesem Umfang und dieser Komplexität angemessen, sodass keiner der Beschwerden ein Erfolg beschieden war.

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