JudikaturOLG Wien

22Bs95/24t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. Juni 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 iVm Abs 1 Z 1 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 13. Februar 2024, GZ 37 Hv 6/24z-86.3, nach der am 13. Juni 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein der Richter Mag. Hahn und Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Mag. Ropper, LL.M. sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Löscher durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die gemäß § 43a Abs 4 StGB gewährte teilbedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe ausgeschaltet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (zu ergänzen: iVm Abs 1 Z 1) StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB nach § 129 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, wovon gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Strafteil von zwanzig Monaten unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Der Schuldspruch erfolgte, weil A* Nachgenannten fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.000,-- übersteigenden Wert durch Einbruch in Wohnstätten mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1./ zwischen 27. März und 1. April 2023 in ** B* einen Fernsehapparat, eine Armbanduhr und ein Parfum im Gesamtwert von zirka EUR 800,-- durch Einschlagen einer Fensterscheibe und Einsteigen in das Wohnhaus;

2./ am 29. März 2023 in ** C* zirka EUR 5.750,-- Bargeld und Schmuck im Gesamtwert von zirka EUR 15.000,-- durch Einschlagen einer Fensterscheibe und Einsteigen in das Wohnhaus .

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die zweifache Deliktsqualifikation und die drei einschlägigen Vorstrafen erschwerend, mildernd hingegen das reumütige Geständnis, erachtete unter Abwägung dieser Sanktionsfindungsgrundlagen die geschöpfte Unrechtsfolge für schuld- sowie tatangemessen und die Gewährung teilweiser bedingter Nachsicht spezial- und generalpräventiv für gerechtfertigt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 1.62) und fristgerecht ausgeführte Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Ausschaltung teilbedingter Nachsicht und Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe begehrt (ON 90).

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist im spruchgemäßen Umfang berechtigt.

Die Strafzumessungserwägungen sind zunächst um die Tatwiederholung zu ergänzen.

Ausgehend von den zum Nachteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründen erweist sich die vom Erstgericht ausgemittelte Unrechtsfolge im Hinblick auf die – zumindest überwiegend – geständige Verantwortung als tat- und schuldangemessen und auch dem Handlungs- und Erfolgsunwert ausreichend Rechnung tragend. Eine Aggravierung der Sanktion ist daher nicht erforderlich, zumal A* erstmals über einen längeren Zeitraum das Haftübel verspüren wird und die Taten keine besondere Öffentlichkeitswirksamkeit erlangten.

Angesichts seines einschlägig getrübten Vorlebens, demzufolge auch die Rückfallsvoraussetzungen nach § 39 Abs 1 StGB vorliegen, als auch der Tatsache, dass er sich keines wertqualifizierten Diebstahls schuldig bekannte (vgl. ON 86.2, 4; ON 86.2, 9), kommt jedoch teilbedingte Strafnachsicht nach § 43a Abs 4 StGB nicht in Frage, soll diese Rechtswohltat doch auf „extreme Ausnahmefälle“, wie etwa Konflikt- oder Krisensituationen, beschränkt bleiben (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 43a Rz 5). Die dafür geforderte hohe Wahrscheinlichkeit zukünftig straffreien Verhaltens setzt voraus, dass es sich (im Hinblick auf sein bisheriges Vorleben, sein Persönlichkeitsbild und seine sozialen Verhältnisse) um eine nach menschlichem Ermessen einmalige Verfehlung handelte (Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4 § 43a Rz 16). Für eine solche Situation oder einmalige Verfehlung gibt es jedoch keine Hinweise, zumal der Angeklagte schon in zwei anderen Ländern der Europäischen Union deliktisch agiert hatte, er nunmehr binnen weniger Tage zwei Einbruchsdiebstähle mit einem die Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 5 StGB vierfach übersteigenden Diebsgut beging und keine Konflikt- oder Krisensituation vorliegt.

Darüber hinaus sind auch generalpräventive Erfordernisse besonders zu beachten, weil vor dem Hintergrund der nach Ende der Pandemie zuletzt wieder vermehrt begangenen Einbruchsdiebstähle sich der Strafvollzug als unbedingt erforderlich erweist, um Bagatellisierungseffekte in der Öffentlichkeit zu vermeiden und präsumtiven Tätern wirksam vor Augen zu führen, dass schwerwiegende Vermögensdelikte durch strenge Strafen sanktioniert werden.

Die teilbedingte Strafnachsicht war sohin auszuschalten, weil es des Vollzugs der Freiheitsstrafe bedarf, um einerseits den Angeklagten als auch andere von derartiger Tatbegehung abzuhalten, sodass der Berufung daher im spruchgemäßen Umfang Folge zu geben war.

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