8Bs267/24g – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Auslieferungssache A* über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 4. Dezember 2024, GZ*-75, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Beim Landesgericht Salzburg behing seit 12. August 2021 ein Auslieferungsverfahren zur Auslieferung des pakistanischen Staatsangehörigen A*, geboren am **, an die Islamische Republik Pakistan zur Strafverfolgung, wobei im Rahmen der Auslieferungsverhandlung vom 24. September 2021 die Auslieferung des Genannten an die Islamische Republik Pakistan in Vollstreckung des Auslieferungsersuchens vom 30. August 2021 (ON 33) für unzulässig erklärt wurde (ON 44). Diese Entscheidung wurde im Hinblick auf den Rechtsmittelverzicht der Staatsanwaltschaft Salzburg sogleich rechtskräftig (vgl den Bericht des Erstgerichts nach § 31 Abs 7 ARHG, ON 58; vgl auch ON 59).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Antrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 26. Jänner 2023 auf Wiederaufnahme dieses Auslieferungsverfahrens (S 21 in ON 1; basierend auf dem Ersuchen des BMJ um Prüfung nach § 39 ARHG vom 29. November 2022, ON 60) mit der Begründung abgewiesen, dass (zusammengefasst) auch auf Basis einer Zusicherung eines städtischen Polizeibeamten von B* namens C* (**) mit Schreiben vom 15. November 2022, wonach gegen A* keine Todesstrafe ausgesprochen werde und ihm in Pakistan das Recht auf ein den Grundsätzen der Art. 3 und 6 EMRK entsprechendes Verfahren zustehe, keine ausreichende Gewährleistung iSd § 20 ARHG bestehe, weil der (unleserlich) unterzeichnende Polizeibeamte nicht autorisiert erscheine, solche Zusicherungen abzugeben (vgl dazu auch Betroffener, ON 66). Diese Bedenken seien trotz eines an die zuständige Behörde der Islamischen Republik Pakistan im Wege des Bundesministeriums für Justiz gerichteten Ersuchens (vgl ON 67 und 70) um Übermittlung einer völkerrechtlich verbindlichen Zusicherung wegen dieser Bedenken, ob nämlich ein städtischer Polizeibeamter solche Zusicherungen verbindlich abgeben dürfe, zumal das Auslieferungsgesetz von 1972 der Islamischen Republik Pakistan keine solche Bevollmächtigung beinhalte, mangels Beantwortung nicht ausgeräumt worden. Dazu komme, dass ein ebenfalls genannter Präsidentenerlass, mit dem das pakistanische Strafgesetzbuch dahingehend geändert worden sein soll, dass die Verhängung der Todesstrafe in Verfahren gegen flüchtige Straftäter, die aus dem Ausland nach Pakistan ausgeliefert, abgeschoben oder rückgeführt würden, ausgeschlossen sei, auch nicht übermittelt worden sei, sodass in den getätigten Zusicherungen keine neuen Tatsachen und Beweismittel zu sehen seien, die Bedenken an der beschlussmäßig für unzulässig erklärten Ablehnung der Auslieferung aufkommen lassen könnten. Daran ändere auch die weiters eingeholte Einschätzung des Vertrauensanwaltes der österreichischen Botschaft D* nichts, weil dort ein - nicht vergleichbarer - Fall der Auslieferung oder Überstellung bereits verurteilter Straftäter erörtert werde, nicht aber ein solcher, in dem ein pakistanischer Staatsbürger zur Strafverfolgung ausgeliefert werden solle.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg mit dem Ziel der Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederaufnahme dieses Verfahrens; dies mit der Argumentation, dass die Zusicherung des unterzeichnenden Polizeibeamten wegen völkerrechtlicher Verbindlichkeiten ausreichen sollte, Bedenken an der Richtigkeit des Beschlusses, mit dem die Auslieferung abgelehnt wurde, zu erwecken (ON 76).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Erstgericht an der Aktenlage orientiert und gesetzeskonform anhand der Bestimmungen der § 39 ARHG iVm § 20 ARHG dargelegt, dass keine solchen neuen Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die die Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens zu Lasten des Betroffenen rechtfertigen könnten.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher (integrierend) ausdrücklich auf dessen bereits referierten Argumente verwiesen, insbesondere auch darauf, dass die Einschätzung des Vertrauensanwalts der Österreichischen Botschaft in D* die vorliegende Konstellation nicht abbildet. Daran ohnedies nicht ausdrücklich Kritik übend, vermag aber auch die weitere Argumentation der Anklagebehörde, dass die zumindest bisher vorliegenden Unterlagen der ersuchenden Behörden „im diplomatischen Weg“ eingelangt seien, was ihre Rechtmäßigkeit indiziere, nichts Wesentliches zu ändern. Allein die geforderten Zusicherungen sind (zumindest verlässlich) nicht erkennbar und auch nicht zeitnah zu erwarten, weshalb am Maß des § 39 ARHG keine – erheblichen - Bedenken gegen die Richtigkeit des Beschlusses ON 44 bewirkt werden (vgl dazu Göth-Flemmich/Riffel WK 2§ 39 ARHG Rz 5 mwH). Bleibt anzumerken, dass zum Nachteil der betroffenen Person das Auslieferungsverfahren nur wegen solcher Tatsachen und Beweismittel wiederaufgenommen werden kann, die bisher nicht bloß aus Versehen des Gerichts oder - wie hier – anderer Strafverfolgungsbehörden unbekannt oder unbenutzt geblieben sind. Im vorliegenden Fall kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass zum einen die Existenz solcher möglicher neuen Tatsachen oder Beweismittel im bisherigen Verfahren nicht in irgendeiner Form bereits angedeutet gewesen wäre, welche allerdings (hinsichtlich der Validität der in Rede stehenden Zusicherungen) unüberprüfbar blieben, sowie zum anderen nachträgliche Änderungen der rechtlichen Grundlagen (wie gegebenenfalls der unbekannt gebliebene „Präsidentenerlass“) auch nicht unbedingt als Nova im Sinne der nach § 39 ARHG geforderten Tatsachen oder Beweismittel durchschlagen müssten (vgl dazu jeweils Göth-Flemmich/Riffel aaO Rz 7 mwH).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).