Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Dr. Beate Abler als Einzelrichterin (§ 33 Abs 2 StPO) in der Strafsache gegen A* wegen der Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 21.08.2025, GZ B*-ON 27, beschlossen:
Der Beschwerde wird zu Punkt 1. t e i l w e i s eFolge gegeben und der vom Bund dem A* nach § 393a Abs 1 StPO zu leistende Beitrag zu den Kosten der Verteidigung auf EUR 2.000,00 e r h ö h t.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Mit einzelrichterlichem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.07.2025, **, wurde A* von der wider ihn mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 26.03.2025, **, erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 24).
Mit Schriftsatz vom 20.8.2025 (ON 26.2) beantragte der Freigesprochene durch seinen Verteidiger die Bestimmung eines Beitrages zu den Kosten der Verteidigung gem. § 393a Abs 2 Z 1 StPO in Höhe von EUR 4.084,06 (darin enthalten EUR 680,68 an USt) unter Hinweis auf das angeschlossene Kostenverzeichnis (ON 26.3).
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den Beitrag zu den Verteidigungskosten mit EUR 1.500,00 und führte begründend aus, das gegenständliche Strafverfahren habe einen weniger als durchschnittlichen Aufwand gefordert. Es sei zweimal verhandelt worden (für 2/2 Stunden und für ½ Stunde). Darum sei ein Beitrag von Euro 1.500,00 angemessen (ON 27).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Freigesprochenen (ON 29) mit dem Antrag, den gemäß § 393a Abs 1 StPO zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung mit EUR 3.800,00 zu bestimmen. Zusammengefasst wurde eingewandt, dass vom Strafantrag ein Tatzeitraum von 8 Monaten und Beiträge hinsichtlich 15 Mitarbeiter umfasst gewesen seien. Seitens des Verteidigers hätten sohin sämtliche Zahlungsflüsse hinsichtlich der in Rede stehenden Monate eingehend geprüft werden müssen. Der Strafakt setze sich bereits zum 07.04.2025 aus über 321 Seiten zusammen, bestehend aus einer Vielzahl von – teils schlecht lesbaren – Kontoauszügen und sei daher auch das Aktenstudium äußerst aufwendig gewesen und habe einen überdurchschnittlichen Aufwand erfordert. Besonderer Arbeitsaufwand des Verteidigers sei auch deshalb erforderlich gewesen, da sich aus der Anzeige der ÖGK nicht ergeben habe, betreffend welchem Mitarbeiter welche Beiträge abzuführen gewesen seien, sondern habe die ÖGK angeblich aushaftende Beiträge monatsweise zusammen gefasst. Alleine schon aufgrund dieser Komplexität des Sachverhaltes sei rechtsanwaltlicher Beistand im Rahmen der polizeilichen Vernehmung am 17.07.2024 erforderlich gewesen. Richtigerweise wäre, ob der Zweckmäßigkeit der verzeichneten Leistungen und der Komplexität des Sachverhaltes, ein Betrag von zumindest EUR 3.800,00 zuzusprechen gewesen.
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist teilweise berechtigt.
Gemäß § 393a Abs 1 StPO hat der Bund auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung unter anderem dann zu leisten, wenn ein nicht lediglich aufgrund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§ 72 StPO) Angeklagter freigesprochen wird. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Nach Abs 2 Z 2 leg. cit. ist der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichtes EUR 13.000,-- nicht übersteigen.
Grundsätzlich soll bei der mit BGBl I 96/2024 novellierten Bestimmung des § 393a StPO auch weiterhin an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten werden, jedoch sollen diese nicht nur signifikant erhöht, sondern auch die Kriterien zur Bemessung des Pauschalkostenbeitrages innerhalb eines mehrstufigen Modells neu definiert oder eingeführt werden (EBRV 2557 der Beilagen XXVII GP S 2).
Da auch weiterhin ein – wenngleich weit höher als bisher bemessener – Pauschalbeitrag zugesprochen werden soll, wird dieser auch künftig nicht in allen Fällen die gesamten (notwendigen und zweckmäßigen) Verteidigungskosten, sondern nur einen Teilbetrag davon abdecken (können), welcher unter Bedachtnahme auf die gesetzlich normierten Kriterien festzusetzen ist. Im Hinblick auf das Kriterium des Umfangs des Verfahrens ist auch weiterhin sowohl die Phase des Ermittlungs- und Hauptverfahrens als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen. Es soll daher der Verfahrensaufwand im gesamten Strafverfahren und auch dessen Komplexität in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entsprechend zu berücksichtigen sein. Die Bemessung des Beitrags zu den Kosten der Verteidigung soll stets unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung bzw. der einzelnen Verteidigungshandlungen stehen (EBRV 2557 der Beilagen XXVII GP Seite 6 f).
Die Höhe des zu bestimmenden Verteidigungskostenbeitrags ist entsprechend dem Verhältnis des konkreten Verteidigungsaufwands zum realistischerweise in Betracht kommenden Höchstaufwand in der jeweiligen Verfahrensart festzusetzen. Erfolgs- und Erschwerniszuschläge bleiben außer Betracht. Grundsätzlich umfasst der durchschnittliche Verteidigungsaufwand in einem Standardverfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts die Vertretung im Ermittlungsverfahren, die Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Dauer von 5 Stunden und die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes mit einem Aufwand in der Höhe von rund EUR 6.500,-- (EBRV 2557 der Beilagen XXVII GP Seite 8).
Der nunmehr Freigesprochene bediente sich bereits im Ermittlungsverfahren eines Wahlverteidigers, der bei der polizeilichen Vernehmung am 17.7.2024 von 10:00 Uhr bis 10:45 Uhr teilnahm (ON 3.28). Im Hauptverfahren nahm der Verteidiger am 29.04.2025 an der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Innsbruck für die Dauer von 16:02 Uhr bis 16:31 Uhr teil (ON 11). In dieser Hauptverhandlung wurde ein Zeuge vernommen. Zur Vernehmung weiterer Dienstnehmer durch die Polizei wurde die Hauptverhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt. Der Verteidiger erstattete am 14.07.2025 eine Mitteilung auf Vervollständigung des Gerichtsakts (ON15.2). Mit Schriftsatz vom 21.07.2025 gab der Verteidiger bekannt, dass der Beschuldigte zugestehen werde, die Dienstnehmerbeiträge nicht abgeführt zu haben. Die Dienstnehmerbeiträge seien nunmehr zur Anweisung gebracht worden (ON 21.1). In der am 22.07.2025 für die Dauer von 16:00 Uhr bis 16:15 Uhr statt gefundenen Hauptverhandlung wurde der nunmehrige Antragsteller vom Vorwurf des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB, freigesprochen (ON 24).
Fallaktuell handelt es sich unter Berücksichtigung des zweckmäßigen und notwendigen Verteidigungsaufwandes und der nicht hohen Komplexität des Verfahrens im Vergleich mit einem Standardverfahren um ein hinter dem Standardverfahren zurückbleibenden Verteidigungsfall.
Allerdings erweist sich mit Blick auf den vom Verteidiger geschilderten nachvollziehbaren Arbeitsaufwand, insbesondere der Überprüfung und Zuordnung der noch aushaftenden Dienstgeberbeiträge, der vom Erstgericht bemessene Beitrag zu den Kosten der Verteidigung als etwas zu gering und war deshalb auf EUR 2.000,00 anzuheben.
Die Abänderung der Auszahlungsanordnung erfolgt durch das Erstgericht.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden