6Bs208/25a – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Vollzugsgericht vom 23.06.2025, GZ ** 4, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nichtzu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
Text
Begründung:
Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Feldkirch die über ihn wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen zu ** des Landesgerichtes Innsbruck verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 20.11.2026. Am 20.08.2025 wird der Strafgefangene die Hälfte der Freiheitsstrafe verbüßt haben.
Der Strafgefangene strebt seine bedingte Entlassung zu diesem Stichtag an und erklärte dazu gegenüber dem Sozial Dienst der Justizanstalt Feldkirch, er wolle bei seinem in ** wohnhaften erwachsenen Sohn einziehen und bei einer Müllbeseitigungsanlage arbeiten. Der Soziale Dienst befürwortete eine bedingte Entlassung unter der Voraussetzung, dass seitens des Gerichts eine Weisung zur regelmäßigen Inanspruchnahme von Gewaltberatung ausgesprochen und Bewährungshilfe angeordnet werde (ON 2.5).
Die Leitung der Justizanstalt bescheinigt dem Strafgefangenen eine der Hausordnung entsprechende Führung mit drei Ordnungsstrafen, befürwortete eine bedingte Entlassung und empfahl die Anordnung von Bewährungshilfe und die Weisung zur Gewaltberatung (ON 2.9).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Feldkirch als Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe ab und begründete dies mit näher dargelegten spezialpräventiven Erwägungen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit 04.07.2025 datierte, im Zweifel rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen mit dem Ersuchen um Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Darin erörtert er seine Drogenabhängigkeit und deren Ursachen. Nun habe er erkannt, dass seine Handlungen sein Leben zerstört hätten. Er sei zur Besinnung gekommen und habe mit der Einnahme von Medikamenten aufgehört. Er wolle Dinge mit ihm nahestehenden Menschen wieder gutmachen und sei bereit, zur Therapie zu gehen, regelmäßige Drogentests zu machen und eine Aggressionsbewältigungstherapie zu absolvieren.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, dringt nicht durch.
Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird (§ 46 Abs 1 StGB).
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist nach § 46 Abs 4 StGB darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 46 Rz 15/1).
Ein Verurteilter, der die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Strafe verbüßt hat, ist trotz Vorliegens dieser Voraussetzungen so lange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzuges der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 46 Abs 2 StGB). Es müssen gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffällig abheben, ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potenziellen Tätern, sondern – im Sinne positiver Generalprävention – auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen besonderen generalpräventiven Grundes verweigert werden ( Jerabek/Ropper aaO Rz 16).
An A* wird derzeit bereits zum zweiten Mal eine Freiheitsstrafe vollzogen. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24.11.2015 zu ** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 2 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Aus dem Vollzug dieser Freiheitsstrafe wurde er mit Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Vollzugsgericht vom 5.2.2018 zu ** (nunmehr ** des Landesgerichtes Innsbruck) nach Verbüßung von zwei Dritteln am 19.04.2018 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen. Diese bedingte Entlassung konnte mit Beschluss vom 28.4.2021 für endgültig erklärt werden (Punkt 1 der Strafregisterauskunft ON 2.4).
Auch unter Berücksichtigung des längeren Wohlverhaltens bis zur Begehung der dem derzeitigen Vollzug zugrunde liegenden strafbaren Handlungen ab Jänner 2024 kann vor diesem Hintergrund nicht davon ausgegangen werden, dass nunmehr der Vollzug bloß der Hälfte der Freiheitsstrafe ausreicht, um den Strafgefangenen in Hinkunft von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.
Aber auch das generalpräventive Hindernis des § 46 Abs 2 StGB steht einer bedingten Entlassung bereits nach Vollzug der Hälfte der Freiheitsstrafe entgegen. Das zu ** des Landesgerichtes Innsbruck unter anderem abgeurteilte Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB unter Verwendung eines Messers ist eine Tat von solcher Schwere, welche ausnahmsweise den weiteren Vollzug der Strafe erfordert, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Die Beschwerde musste somit erfolglos bleiben.